Rezension

Unerfüllte Träume aus Stein

Allee unserer Träume - Ulrike Gerold, Wolfram Hänel

Allee unserer Träume
von Ulrike Gerold Wolfram Hänel

Bewertet mit 3 Sternen

Ilse Schellhaas wird in Thüringen vor dem 2. Weltkrieg geboren. Sie teilt von Kindheit an die Begeisterung für Architektur mit ihrem Vater. Gegen anfängliche Widerstände studiert sie Architektur in Weimar. Ihr Traum ist es, Häuser zu bauen, vor denen sich die Wolken verneigen. Als 1950 das DDR-Regime in Berlin eine Prachtallee bauen will, sieht Ilse ihre Chance gekommen. Sie fährt nach Berlin, um ihre Entwürfe vorzustellen. Da sie im Dritten Reich eine Kriegsehe mit einem SS-Angehörigen eingegangen war, hat sie die Identität ihrer verstorbenen Schwester Marga, die eine überzeugte Kommunistin war, angenommen. In Berlin trifft Ilse Helmut, den Ehemann ihrer Schwester. Helmut verspricht, Ilse nicht zu verraten. Im Gegenzug gibt er ihre Entwürfe als seine aus. Für Ilse scheint sich ihr Traum zu erfüllen, als der Bau der Häuser beginnt. Um den Bau voran zu treiben, der unter dem ständigen Mangel an Baumaterial leidet, werden immer wieder die Arbeitsnormen erhöht. Es kommt zum Aufstand  vom 17. Juni. Ilse flieht mit dem Koch Paule nach West-Berlin. Als die Mauer 1989 fällt, will Ilse unbedingt nach Ostberlin. Sie will endlich ihre Stein gewordenen Träume von damals sehen.
Ich wollte dieses Buch unbedingt lesen, weil die Inhaltsangabe die Geschichte einer starken Frau versprach, die zudem in einer für uns wichtigen und interessanten Zeit spielt. Die Lebensgeschichte, auf der der Roman basiert, fand ich spannend. Das Buch konnte mich leider dennoch nicht wirklich berühren. Ilse blieb mir fremd und ich konnte mich nicht mit ihr oder einer der anderen Figuren identifizieren. Der Grund dafür ist die in meinen Augen oberflächliche Erzählweise. Es werden Ereignisse aneinander gereiht, ohne sie zum Leben zu erwecken. Ich fühlte mich nicht auf der Gefühlsebene angesprochen. Zum Beispiel ließ mich die Episode, in der Ilse mitten zwischen die Aufständischen gerät und um ihr Leben fürchten muss, kalt. Ich habe auch nicht verstanden, warum das Verhältnis der beiden Schwestern so hasserfüllt war. Ilse übernimmt Margas Identität. Von Marga erfährt man nicht viel mehr, als dass sie mit Helmut verheiratet war und in Russland ums Leben kam. Das Buch bietet viele Gelegenheiten, die handelnden Personen mit mehr Tiefe auszustatten. Leider lässt das Autorenduo diese ungenutzt verstreichen. Für das Buch spricht, dass man erkennen kann, dass ein interessantes Leben darauf wartet, ausführlicher erzählt zu werden und der Schreibstil angenehm zu lesen war.