Rezension

Unersetzliuche Schilderung einer Zeitzeugin!

Ich war das Mädchen aus Auschwitz -

Ich war das Mädchen aus Auschwitz
von Tova Friedman

"Erinnern ist Arbeiten an der Zukunft."
(Aleida Assmann, Kulturwissenschaftlerin)

Zeitzeugen, mittlerweile hochbetagte Menschen, die ein schreckliches Schicksal durchlitten und allen Widrigkeiten zum Trotz überlebt haben, sind lebendes Zeugen der Geschichte und aufgrund ihres Erlebens an Authentizität einzigartig durch Nichts zu ersetzen.
Dem Alter geschuldet sinkt ihre Zahl der Zeitzeugen von Jahr zu Jahr. Was wird sein, wenn diese Geschichte(n) nicht mehr aus erster Hand erzählt werden können?
Um so bedeutsamer ist es, den Überlebenden des Holocaust so lange es irgend geht Gehör zu verschaffen!

Gleiches gilt für das vorliegende Buch von Tova Friedman (geborene Tola Grossmann, Jahrgang 1938). Sie legt in ihrer Biografie "Ich war das Mädchen aus Auschwitz" Zeugnis ab von ihrer Kindheit, der Kindheit eines jüdischen Mädchens, das dem Rassenwahn der Nationalsozialisten erbarmungslos ausgeliefert war.

Inhaltlich spannt sie in der vorliegenden Biografie, die unter Mitwirkung des britischen Journalisten Malcolm Brabant entstand, den Bogen von ihrer Kindheit über den Holocaust bis zu ihrem Leben bis in die heutige Zeit.
Ihre polnische Heimat Tomaszów Mazowiecki, in dem die jüdischen Mitbürger*innen unter nationalsozialistischer Herrschaft in einem Ghetto kaserniert wurden, das Arbeitslager Starachowice, das Vernichtungslager Auschwitz (Birkenau)und -nach dessen Befreiung durch die Rote Armee am 27. Januar 1945- als weitere Stationen eines bewegten Lebens: wiederum zunächst ihre Heimatstadt, danach ein relativ kurzes Verweilen in Deutschland, bevor es über New York in den neu gegründeten Staat Israel und wieder zurück in die USA geht, bilden die zentralen Stationen eines bewegten Lebens.

Tova Friedman erzählt ihre erschütternde Geschichte als Überlebende des Holocaust und lässt die Leserschaft durch ihre Schilderungen teilhaben an ihrem Schicksal. Sie schildert ihre Erlebnisse in erschütternder Offenheit; sie verschweigt keine Details und beschreibt auch ihre persönliche Überlebensstrategie. Auf diese Weise vermittelt Friedman dem Leser ein tiefes Verständnis für die Bedeutung von Überleben und die extreme Not, in der sie sich befand.
Es sind bewegende und sehr persönliche Schilderungen, die dieses Buch einerseits zum -salopp formuliert- zum "Page Turner" machen, andererseits ein Innehalten geradezu erzwingen, weil die geschilderten Ereignisse geradezu unfassbar sind und das geschriebene Wort erst einmal verarbeitet werden muss. Mir stockte mehr als einmal der Atem...
Sie machte aus ihrer Aufarbeitung des Erlebten einen Beruf (Psychologin und Psychotherapeutin). In ihren authentischen und zutiefst persönlichen Schilderungen stellt sie eines klar: es sind IHRE Erinnerungen!
Geschichtswissenschaftliche Abhandlung lesen sich anders, sind abgesehen davon durchaus ebenso wichtig.
Zeitzeugenberichte wie im vorliegenden Werk von Tova Friedman sind unersetzlich und werden an Bedeutung künftig stetig hinzugewinnen!