Rezension

Unerwartet ärgerlich

Die Wunder von Little No Horse - Louise Erdrich

Die Wunder von Little No Horse
von Louise Erdrich

Bewertet mit 2 Sternen

Eigentlich habe ich Bücher von Louise Erdrich für einen sicheren Tipp gehalten. Dieses Buch schert wohl ein wenig aus. Dabei ist die Idee sehr hübsch.

Eine Nonne im abgelegenen Indianerreservat von Little No Horse weist seltsame Male auf. Es wird auch über wundersame Vorkommnisse berichtet, die mit ihr im Zusammenhang stehen. Sollte sie heiliggesprochen werden? Um das zu erkunden besucht Father Jude diese Gegend und spricht mit vielen Bewohnern der Gemeinde, vor allem mit dem steinalten Seelsorger, Father Damien, der auch selbst eine originelle Geschichte hat, die hier von 1910 bis 1996 erzählt wird.

Daneben streift man die Geschichte einiger großer Indianer-Clans, die sich im Reservat mit dem neuen Leben weit jenseits ihrer Traditionen arrangieren und auch mit dem neuen Glauben auseinandersetzen, der an sie herangetragen wird.

Ein hoch spannendes Thema, das hier angerissen und dann liegengelassen wird. Bedauerlicherweise durchleben wir hier fast hundert Jahre Geschichte, ohne auch nur irgendetwas zu lernen.

Man lernt die verschiedensten Typen kennen, alle originell bis skurril, deren Leben quasi im Schnelldurchlauf referiert wird. Wirklich nahe kommt man hier niemandem. Die Autorin führt in wundervoller Sprache ein paar Kuriositäten vor, echte Menschen werden sie nicht.
 

„Es gibt Menschen, die sind bodenlos. Es ist, als bestünden sie aus lauter Tunneln. Aus Gängen, die sich krümmen und umkehren und verschwinden. Man betritt einen Weg und folgt ihm eine Zeit lang, doch dann kommt plötzlich ein Krater, Treibsand, eine Mauer. So war auch meine Mutter, so bodenlos, so überschaubar.“

Das erzählt beispielsweise Mary Kashpaw. Man ist beeindruckt, aufs Feinste gedrechselte Sätze, tolle Bilder, feiner Humor, nur glaubt man nicht, dass je ein Mensch so reden würde, schon gar nicht Mary Kashpaw. Hier hat eine Autorin ihre Figuren der Poesie geopfert.

Noch dazu würzt sie das Geschehen mit weitschweifigen Ausflügen ins Metaphysische. Visionen, Träume, Fieberwahn oder auch Indianerlegenden vermischen sich mit Religiösem und ziehen das Geschehen immer wieder in eine krude Geisterwelt mit Erscheinungen aller Arten. Das muss man mögen.

Meine anfängliche Begeisterung für dieses Buch ließ sehr schnell nach. Die Sprache ist toll, der Humor tiefschwarz und feinsinnig, nur die Geschichte wirkt ziemlich bald nur noch absurd, wo sie hätte berühren sollen, ein Jammer!

Kommentare

Schokoloko28 kommentierte am 27. Dezember 2019 um 10:56

Wie Schade. Ich werde ein Bogen um dieses Buch machen!