Rezension

Unfassbar viel Gefühl auf so wenig Seiten

Was ich dich träumen lasse - Franziska Moll

Was ich dich träumen lasse
von Franziska Moll

Bewertet mit 4 Sternen

"Die Außenwelt ist eine Welt zu viel. Eine Welt, in der ich mich nicht mehr auskenne, obwohl ich noch vor wenigen Stunden mitten in ihr lebte. Sie ist zu prall, zu durcheinander, viel zu viel von allem.“ (68)

Elena könnte im Moment kaum glücklicher sein. Seit Rico in ihr Leben getreten ist, läuft wirklich alles perfekt und sie fühlt sie sich so lebendig wie nie zuvor. Doch dann passiert das unfassbare: Rico wird in einen schrecklichen Unfall verwickelt und fällt danach ins Koma. Für Elena beginnt eine schwere Zeit, ist für sie ein Leben ohne Rico einfach nur undenkbar.

Als sie auf seinem Computer eine Liste findet,  auf der Rico 10 Dinge notiert hat, die er vor seinem Tod noch erleben möchte, beschließt sie diese Punkte an seiner Stelle abzuarbeiten und Rico jeden Tag von ihren Erfahrungen zu erzählen…

Meine Meinung

  • Handlung/ Verlauf der Geschichte

Wie kann ein Buch mit gerade einmal knapp 250 Seiten einen so dermaßen mitnehmen und bedrücken?

Zwar habe ich, nachdem ich den Klappentext gelesen hatte, mit einer sehr emotionalen und traurigen Geschichte gerechnet, mir aber keine übermäßig hohen Erwartungen gesteckt, sodass es Franziska Moll auf ganzer Linie gelungen ist mich zu überraschen. Allerdings muss ich gleich schon einmal einwerfen, dass ich nicht vollkommen begeistert bin, wie so manch anderer.

Der Einstieg in die Geschichte gelingt ganz leicht und man ist sofort mitten im Geschehen. Man lernt Elena und Rico kennen, wobei man gleich spürt wie sehr sich die beiden lieben. Umso mehr nimmt es einen auch mit, dass ihr Glück kurz darauf so jäh zerstört wird. Mit dem tragischen Unfall ändert sich natürlich alles. Die Leichtigkeit, die davor förmlich aus den Seiten gesprudelt ist, verfliegt und weicht einer gedrückten, angespannten Atmosphäre. Aber auch an Elena geht dieses Ereignis nicht spurlos vorbei. Im Gegenteil! Sie stürzt in ein tiefes Loch, steht unter Schock, leidet und kämpft trotzdem jeden Tag, alles Mögliche zu tun, damit Rico wieder aufwacht.  Und dabei kommt nun seine Liste „Top Ten der Dinge, die ich machen will bevor ich den Löffel abgebe“, ins Spiel.

Eine richtig tolle Idee, die viel Stoff zum Erzählen bietet, in meinen Augen allerdings nicht vollkommen ausgeschöpft wurde. Und so kommen wir auch schon zu meinem kleinen Kritikpunkt:  Ich hätte ein paar Seiten mehr echt nicht schlecht gefunden, da mir manchmal einiges viel zu schnell ging. Außerdem wurden für meinen Geschmack manche Ereignisse zu kurz angeschnitten, die wirklich noch mehr Tiefe verdient hätten. Das letzte entscheidene Fünkchen hat mir einfach gefehlt.

  • Schreibstil

Franziska Mols Schreibstil mag zu Anfang vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig sein. Sie erzählt größtenteils in sehr kurzen Sätzen, was einen beim Lesen erst einmal ein wenig ausbremsen kann. Nachdem ich jedoch die ersten Seiten gelesen hatte, flogen die darauffolgenden nur noch so an mir vorbei. Gleichzeitig wurde ich von der Intensität und Eindringlichkeit der Wörter bedingungslos eingenommen und regelrecht gefesselt. Sie gingen mir direkt ins Herz!

Was mir auch sehr gut gefallen hat, ist die Art und Weise wie die Autorin den Leser an Elenas und Ricos Vergangenheit und Erlebnissen teilhaben lässt. Man fühlt sich direkt angesprochen bzw. dazu eingeladen in Erinnerungen an die schönen, gemeinsamen Momenten zu schwelgen.

  • Charaktere

Elena ist mir trotz der Tatsache, dass die Geschichte aus ihrer Sicht erzählt wird, bis zum Schluss distanziert geblieben. Ich mochte sie zwar, aber richtig warm bin ich nicht mit ihr geworden.

Man möchte sich gar nicht vorstellen, was es bedeutet wenn ein geliebter Mensch plötzlich vom einen auf den nächsten Moment aus dem Leben gerissen wird. Ich stelle es mir unglaublich schwer vor, darum kann ich Elena nur bewundern, wie sie es schafft ihren Blick nach vorne zu wenden. Sie bleibt optimistisch, tut alles Erdenkliche und klammert sich an jeden noch so kleinen Hoffnungsschimmer. Das hat mich sehr mitgenommen! Elenas Gedanken, Gefühle, ihre innere Zerrissenheit fand ich zudem wirklich glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt, wenn ich auch manches Handeln von ihr nicht vollkommen vertreten konnte.

Rico lernen wir Leser nur auf den ersten paar Seiten persönlich kennen, wobei man sich  tatsächlich erst durch Elenas Erinnerungen an gemeinsame Momente ein Bild von ihm machen kann. Gleichzeitig konnte ich dadurch auch absolut verstehen, warum sie sich in ihn verliebt hat. Er scheint ein fröhlicher, lebensfroher, humorvoller und durch und durch optimistischer Mensch gewesen zu sein, der Elena bedingungslos geliebt hat.  

Mein Fazit

Mit „Was ich dich träumen lasse“ hat es Franziska Moll geschafft mich auf knapp 250 Seiten so dermaßen mitzunehmen und zu berühren, wie ich es bis jetzt selten bei einem anderen Buch erlebt habe. Die Intensität und Eindringlichkeit ihres Schreibstils konnte mich schnell einnehmen und regelrecht an das Buch fesseln. Einziger Wehmutstropfen ist, dass manche Ereignisse, die ich gerne mehr vertieft gehabt hätte, ein wenig zu kurz gekommen sind und teilweise nur oberflächlich angeschnitten wurden. Nichtsdestotrotz steckt die Geschichte bis zum Schluss voller Gefühl, wodurch sie sich nach und nach in mein Herz geschlichen hat.