Rezension

Ungeheuerlich unverschämt

Meister und Margarita
von Michail Bulgakow

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der Teufel und seine Gehilfen gehen im Moskau der 1930er um und treiben Schabernack.

Der Redakteur Berlioz und der Dichter Besdomny gehen am Patriarchenteich spazieren und unterhalten sich über die Existenz Gottes, an die diese nicht glauben. Plötzlich erscheint aus heiterem Himmel ein ausländischer Herr, der ihre Unterhaltung belauschte und berichtet ihn von seinem Treffen mit Pontius Pilatus, der niemand anderen als Jeschua (Jesus) zum Tode verurteilen ließ. Auf die erneute Frage, ob die Herren denn nicht an die Existenz Gottes bzw. des Teufels glauben würden, antworten diese mit Nein. Daraufhin lacht sich der seltsame Mann ins Fäustchen und kündigt Berlioz seinen baldigen Tod an. Eine Frau namens Annuschka wird ihn köpfen. Dann verschwindet das Männlein genauso mysteriös, wie es erschienen ist. Und nur kurze Zeit später gerät Berlioz unter eine Tram und wird zerquetscht. Eine Annuschka hat eine flasche Öl auf den Gleisen verschüttet.
Daraufhin ist Besdomny extrem schockiert, nur in Unterwäsche bekleidet, diese hat der mysteriöse Herr ihm abgenommen, rennt er ins Literatenhaus und berichtet, dass er vom Teufel verfolgt werde. Als die Dichter*innen vom Tod des Vorsitzenden des Literaturkreises Berlioz erfahren, sehen sie ein, dass Besdomny angeschlagen ist und ins Irrenhaus muss. Niemand will an einen teuflischen Mann mit noch grässlicheren Gefährten glauben.
Doch eines Nachts klettert ein anderer Insasse des Irrenhauses in Besdomnys Zimmer und berichtet diesem von seinem eigenen Schicksal. Er selbst nennt sich Meister und hat ein Buch über Pontius Pilatus verfasst, dass ihn um den Verstand gebracht hat. So hat er dann seine große Liebe Margarita verloren. Doch ihre Liebe ist so groß, dass sie ihre Seele dem Teufel verkaufen will...

Dieses Buch ist sehr magisch, unheimlich und mysteriös. Der Teufel und seine Gehilfen, eine Vampirin, ein schwarzer Kater, ein kleiner rothaariger Wicht, ein Lump im karierten Anzug ziehen durch das Literatenhaus und das Varieté Moskaus und treiben dort ihr düsteres Werk. So spielen sie alle Mitglieder des Theaters gegeneinander aus. Sie halten ihnen ihre Sünden vor und verführen sie zu weiteren Schandtaten. Schließlich halten sie eine Seance im Varieté ab. Dabei köpfen sie ein Theatermitglied, das aber weiterlebt, lassen 10-Rubel-Scheine durch den Raum fliegen, die sich später als Sektettiketten herausstellen werden oder zaubern eine Boutique, in der sich jeder neu einkleiden darf, doch später auf der Straße löst sich diese in Luft auf. Jeder bekommt sein Fett ab!

Und so ist die Geschichte absurd, grotesk und verleitet zum Staunen und Lachen. 
Das Besondere geschieht, als der Teufel und seine Gesellen auf Margarita treffen, die mit dem Meister Ehebruch begann und diesen schließlich doch alleine zurückließ. Als Margarita ihre Tat bereuht und merkt, dass sie alles für den Meister tun würde, um ihn aus dem Irrenhaus zu befreien, erscheint die satanische Gesellschaft. Zurück lassen sie ihr ein goldenes Döschen mit einer Salbe, die sie auf ihre nackte Haut aufragen soll. Als sie dies tut, verwandelt sie sich in eine Hexe. Es scheint, der Teufel sei ihr wohlgesonnen... Wird Margarita ihren einstigen Meister für immer vergessen?

Gleichzeitig lässt sich die Geschichte rund um die Passion Christi lesen, in der allerdings Pilatus und sein schlechtes Gewissen im Vordergrund stehen. Ernst und melancholisch schlägt dieser Teil einen gegenteiligen Ton an.

Sehr unterhaltsames Stück aus einer Kombi von einer Geschichte des magischen Realismus und einem historischen Roman. 
Leider ist der Autor während des Abschlusslektorats des zweiten Teils verstorben, so dass ausgerechnet das Ende nicht strukturiert erscheint. Dennoch ist das Buch rund und abgeschlossen. 
Welch geheimnisvolle Bedeutung dieser Roman und welche Kritik an Stalin einst in einer Vorgängerversion steckte, ist daher auch leider verloren gegangen.

Kommentare

Gittenen Bücherfresserchen kommentierte am 09. April 2020 um 15:59

Mist, da bin ich zu spät dran mit dem lesen. Bis morgen schaffe ich es weder das Buch zu besorgen noch zu lesen. Du hast es gerade richtig gemacht. Dann werde ich es nächstes Jahr in der Passionszeit lesen.

lesesafari kommentierte am 09. Juli 2020 um 20:44

Das ist eine gute Idee. ;) Dann kannst du mein Wissen auch nochmal auffrischen.