Rezension

Ungewöhnlich!

Liebe auf den letzten Klick - Anne Gard

Liebe auf den letzten Klick
von Anne Gard

Lizzy Rosenmüller ist Mitte 40, zweifache Mutter, geschieden und noch gut in Schuss. Und viel zu jung, um für immer das Hausmütterchen zu bleiben, sondern sie will es nochmal richtig wissen. So weit, so gut, aber einen Mann zu finden, ist gar nicht so einfach. Also meldet sich Lizzy bei Friendscout24 an und beginnt, verschiedene Männer auszuprobieren. Wobei „ausprobieren“ sehr negativ klingt, ist es aber gar nicht! Im Internet laufen Lizzy viele illustre Gestalten (ich liebe diesen Ausdruck einfach ;)) über den Weg und der ein oder andere Mann scheint gar nicht so übel zu sein. Aber natürlich sind auch einige Nieten dabei…

Mit einem Mann erlebt Lizzy dann in sexueller Hinsicht ganz neue Abenteuer, was ihr in ihrer persönlichen Entwicklung enorme Kraft gibt, sie aber auch ihr ganzes Leben auf diesen Mann fixieren lässt.

Insgesamt hat mir „Liebe auf den ersten Klick“ wirklich gut gefallen, da es von der erzählerischen Gestaltung her sehr ungewöhnlich ist. Wir begleiten die Protagonistin im Prinzip in einem einzigen Bewusstseinsstrom, inklusive ihrer hin- und herspringenden Gedanken. Anne Gard wählt also keinen stringenten Handlungsverlauf mit einem Erzähler, der vom Geschehen berichtet, sondern lässt den Leser hautnah „in Lizzys Kopf“. Und wer einen Frauenkopf hat oder sich ungefähr vorstellen kann, wie Frauen denken, weiß, dass einem in verrückten Situationen noch absurdere Gedanken kommen und das erleben wir auch in Lizzys Kopf. Sie schweift dabei manchmal ein bisschen ab, das stört die Handlung aber nicht weiter. Das Buch wird dadurch sehr interessant zu lesen, weil die Handlung immer wieder unerwartet unterbrochen wird und man es dadurch auch gut an einem Stück lesen kann, wie ich es auch getan habe. Außerdem sind viele von Lizzys unerwarteten Gedanken wirklich lustig!

Leider ist Lizzy mir trotzdem ein wenig fremd geblieben. Vielleicht liegt das daran, dass sie so sehr mit ihren Gedanken beschäftigt ist, dass sie wenig darüber erzählt, wie sie sich während der einzelnen „Etappen“ des Online- Datings gefühlt hat. Oder es zumindest nicht so eindrucksvoll schildert. Es werden zwar immer wieder Rückschlüsse zugelassen, aber insgesamt war mir ihre Gefühlswelt zu oberflächlich beschrieben bzw. zu sehr auf die Szenen konzentriert, in denen sie mit den Männern chattet oder sich mit ihnen trifft. Ihr Alltagsleben, ihre Kinder, ihre Arbeit, ihr Exmann werden kaum beleuchtet, um ein komplexeres Bild der Figur zu bekommen, hier hätte ich gerne noch viel mehr gelesen! (Was ja dann trotz Kritik irgendwie ein positives Fazit ist, oder?)

Die Sexszenen sind teilweise sehr explizit, das muss man mögen oder nicht, aber damit steht und fällt sicherlich auch der Eindruck von dem gesamten Roman, da die zweite Hälfte doch sehr darauf basiert, was Lizzy mit dem einen Mann erlebt.

Ich vergebe knappe 4 Sterne, weil der Roman wirklich mal was ganz anderes ist, wenn man sich den Einheitsbrei in Sachen Liebesroman gerade so anschaut. Und man kann es auch nicht der Erotikliteratur zuordnen, da es dafür viel zu handlungsorientiert ist – ein guter Mix aus beidem also, fernab von Klischees und 0-8-15- Geschichten.