Rezension

Ungewöhnliche Heldin

Heartless, Band 1: Der Kuss der Diebin - Sara Wolf

Heartless, Band 1: Der Kuss der Diebin
von Sara Wolf

Mit "Der Kuss der Diebin" liefert Sara Wolf den ersten Band ihrer "Heartless"-Trilogie. Erzählt wird aus der Perspektive von Zera, einer wortwörtlich Herzlosen, denn eine Hexe hat ihr vor einigen Jahren das Herz entrissen, um sie zu ihrer Dienerin zu machen. Zera ist nun an die Hexe gefesselt, muss ihren Befehlen gehorchen und spürt zeitgleich eine Glut in sich, die man sich als den herzlosen Anteil vorstellen kann, der Zera stets zu Gewalt und Mord treiben will. Doch diesem Drang will Zera nie wieder nachgeben. Die Glut hebt sich im Text durch fettgedruckte Worte ab und ist daran schnell zu erkennen.

Zera zeichnet sich allerdings vor allem durch ihr loses Mundwerk aus. Sie provoziert gerne, ist selten ernst, macht gerne sarkastische Bemerkungen. Sie hat Probleme, sich anzupassen, was im weitere Verlauf der Handlung immer wieder zu Problemen führt. Doch gerade Zeras Art macht "Heartless" ungemein unterhaltsam. Ich habe ihre Wortgefechte und bissigen Bemerkungen genossen, machen sie das Buch doch zu einer kurzweiligen Unterhaltung, die mich des Öfteren zum Schmunzeln gebracht hat. Man kann Zera definitiv als ungewöhnliche, spezielle Protagonistin bezeichnen, die aber vermutlich auch nicht jeden Nerv treffen wird. Mir hat aber auch gefallen, dass Zera auch mitfühlend, ernst und freundlich sein kann, wenn ihr jemand wichtig ist. Auch diese sanfteren Charakterzüge scheinen immer wieder durch und sorgen dafür, dass man Zera trotz ihrer sonstigen Art noch ernst nehmen kann.

Auch die weiteren Charaktere wachsen einem schnell ans Herz. Besonders Lady Y'shennria, Zeras "Mentorin" bei Hofe, Malachit, Luciens Leibwächter, und Fione, eine "Freundin" von Zera bei Hofe, mochte ich sehr. Den Prinzen Lucien hingegen fand ich eher nervig, da er Zera etwas zu sehr an den Lippen klebt (im übertragenden Sinne).

Die Handlung dreht sich um einen anbahnenden Krieg, den die Menschen gegen die Hexen führen wollen. So einen Krieg gab es vor 30 Jahren schon einmal und die Hexen wollen auf jeden Fall verhindern, dass sich das Blutvergießen wiederholt. Zeras Aufgabe wird es daher, dem Prinzen sein Herz zu entreißen und ihn zu einem Herzlosen und somit zu einer Geisel der Hexen zu machen. Um nah genug an den Prinzen heran zu kommen, muss Zera sich als mögliche Braut vorstellen und entsprechend die Etikette am königlichen Hof lernen. Das Eingliedern bei Hofe und die Annäherung an den Prinzen Lucien sind daher Hauptbestandteil der Handlung. Hier kann man sich schnell denken, dass das aufgrund von Zeras doch recht plumper Art zu allerhand witzigen Szenen führt. Doch durch den nahenden Krieg und Intrigen bei Hofe bleiben auch actionreichere Szenen nicht aus. So blieb es für mich stets kurzweilig und langatmige Passagen blieben überwiegend aus. Das Ende wird dann nochmal richtig spannend und endet mit einem fiesen Cliffhanger, der das Warten auf den zweiten Band schwer macht!

Insgesamt entwickelt sich die Handlung aber vorhersehbar und weist leider auch ein paar nicht ganz logische Elemente auf. So gibt es Entwicklungen, bei denen Zera eigentlich über einen alternativen Plan zur Rettung der Hexen nachdenken müsste. Doch das tut sie nie. Ihr Ziel bleibt strikt das Herz von Lucien und das, obwohl Zera sonst eher nicht auf den Kopf gefallen ist. Auch bleibt die Glut trotz aller Andeutungen eher harmlos und nervt stellenweise auch, da sie sich zwar "zu Wort meldet", aber daraus kaum etwas folgt. Zudem werden schlimme Verletzungen plötzlich "vergessen" bzw. sind plötzlich kein Hindernis mehr. Ein kleines Problem hatte ich auch mit der sehr modernen Jugendsprache, die in das mittelalterliche Setting nicht wirklich reinpasst. Solche größeren und kleineren Unstimmigkeiten stören leider das Lesevergnügen, worüber auch Zeras unterhaltsame Art nicht hinwegtäuschen kann.
Ich werde die Reihe dennoch weiter verfolgen, allein schon, weil mich der Cliffhanger so neugierig macht! Und hoffentlich bessern sich die Logiklöcher dann noch.