Rezension

Ungewöhnlicher Coming-of-age-Roman

Pietà - Markus Günther

Pietà
von Markus Günther

"Pietà" von Markus Günther ist ein tiefgründiger Coming-of-age-Roman, der einen großen Fokus auf den Umgang mit dem Tod setzt.

Der Buchumschlag und vor allem der Einband der gebundenen Ausgabe sind sehr hübsch anzusehen. Es wird mit silber-glänzender Schrift gearbeitet, was mir wirklich gut gefällt.

Auch der Schreibstil gefällt mir insgesamt gut. Bis auf einige katholischen Begriffe ist die Sprache schlicht und leicht verständlich. Da ich selber nicht katholisch bin, kannte ich einige Begriffe nicht, es hat den Lesefluss aber nicht gestört. Es wird allerdings viel mit verschachtelten Sätzen gearbeitet, was etwas Konzentration beim Lesen erfordert.

Ich möchte gern den ersten Satz des Buches zitieren, da er sehr bezeichnend für die Gesamtbotschaft des Buches ist: "Der erste Tote, den ich sah, war Pater Gerwald." Während des ganzen Buches lernt man weniger Lutz, den Protagonisten, als Person kennen, sondern vielmehr seinen über die Jahre reifenden Umgang mit dem Thema Tod. Dadurch habe ich die Geschichte überwiegend als negativ und düster empfunden. Dieser Rückblick auf's Erwachsenwerden unterscheidet sich deutlich von anderen Coming-of-age-Romanen, die ich bisher gelesen habe. Den Ansatz finde ich durchaus interessant, weil es mir gefällt, deutlich zu machen, dass Jugendliche sehr tiefgründig sind und es nicht nur eine locker-leichte, oberflächliche Geschichte ist. Was nach meinem Empfinden jedoch gänzlich fehlt, ist die Möglichkeit Sympathie für den Protagonisten zu entwickeln. Die Schilderungen habe ich eher neutral verfolgt und war emotional nahezu gänzlich unberührt. Das ist etwas schade, da mich das Niveau des Romans und der andere Fokus durchaus anspricht.

Im Laufe der Handlung reift Lutz zu einem gefestigten Erwachsenen heran, der mit dem Tod umzugehen vermag. Auf dem Weg dahin führt er einige tiefgründige Gespräche, die interessant zu verfolgen waren. Zwei Sätze haben mir besonders gut gefallen: "Es geht darum, jeden Morgen aufzustehen und das Heldentum im Alltag zu finden. Sie müssen ein Held der kleinen Dinge werden, um ein großer Held zu sein." Und genau dies gelingt Lutz, er wird ein Held der kleinen Dinge.

"Pietà" von Markus Günther war ein interessantes und aus dem Genre der Coming-of-age-Romane herausstechendes Leseerlebnis, konnte mich aber nicht nachhaltig berühren. Dennoch kann ich eine bedingte Leseempfehlung aussprechen für Leser, die gespannt auf eine andere Herangehensweise an das Genre sind und bereit sich mit dem Thema Tod intensiv auseinanderzusetzen.