Rezension

Ungewöhnlicher Handlungsaufbau

Sommernacht
von Lucy Foley

Bewertet mit 3 Sternen

Auf einer abgelegenen Insel ist eine Hochzeit in Gang, die in einer Sommernacht und in einem Mord münden wird.

"Sommernacht" von Lucy Foley ist ein ungewöhnlicher Thriller, der sich aufgrund seines Aufbaus von seinesgleichen abhebt.

Ich war schon länger an den Thrillern von der Autorin interessiert. In ihren Titeln ist meist ein markanter Hinweis auf eine Jahreszeit präsent und die Gemüter der Leser spalten sich, wenn der Unterhaltungswert besprochen wird. Nachdem ich zu "Sommernacht" mehrere positive Meinungen las, habe ich mir das Buch gegönnt.

Auf einer abgelegenen irischen Insel findet eine Hochzeit statt. Die Kombination aus einer abgeschotteten Örtlichkeit und der Hochzeitsgesellschaft finde ich für sich genommen schon faszinierend. Schließlich begegnen sich bei solchen Feierlichkeiten die verschiedensten Charaktere und die Feierlaune birgt dank Alkohol einiges an Konfliktpotential. Zudem sind sie von der Welt abgeschnitten und für die Dauer der Feierlichkeiten auf sich allein gestellt.

Lucy Foley hat aus der Ausgangslage um die Hochzeitsgesellschaft an sich viel herausgeholt. Von Beginn an weiß man, dass es eine Leiche und den dazugehörigen Mörder geben wird. Aber man ahnt nicht, um wen es sich handelt. Der gesamte Thriller baut auf die Fragen, wer die Leiche und wer der Mörder ist.

So lernt man als Leser die Hochzeitsgesellschaft kennen. Braut, Bräutigam, Trauzeugen, Geschwister, Freunde und diverse Partner bahnen sich ihren Weg auf’s Parkett, während sie ausführlich unter die Lupe genommen werden.

Die Perspektiven sind jeweils aus der Sicht dieser Figuren geschrieben. Zu Beginn wirken sie unschuldig, manchmal grob, arrogant oder tun einem leid. Doch je näher der Mord und somit das Finale rücken, umso schärfer wird das Bild, das man von den Figuren erhält. Es spitzt sich so weit zu, dass zum Ende hin jeder das Potential zur Leiche oder zum Mörder hat.

Ich erfuhr von Neid, Missgunst, bin verstörenden Geheimnissen auf die Schliche gekommen und habe schockierenden Wahrheiten sowie misstrauischen Angehörigen ins Gesicht gesehen. Hinzu kommt die teilweise triste Atmosphäre der Insel, die so gar nicht zur extravaganten Ausstattung der Feierlichkeiten passt. Dieses Spiel der Gegenteile fand ich großartig in Szene gesetzt. 

Der Aufbau hat mir ausgezeichnet gefallen. Es war anders, auf seine Art gewagt, und hat sich angefühlt, als ob ich einen Agatha-Christie-Krimi von hinten lesen würde. Trotzdem hat es für mich nicht bis zum Ende funktioniert. Nach ungefähr der Hälfte war für mich die Luft raus. Hier hätte ich mir gewünscht, dass die Handlung greifbarer, und nicht völlig zur Charakterstudie wird. 

Dafür wird die aufkommende Langeweile mit einem soliden Ende und einem feinen Twist belohnt, was zufrieden das Buch abschließen lässt.

In der Hörbuchversion werden die verschiedenen Figuren von unterschiedlichen Sprechern gesprochen, was meiner Meinung nach exzellent zum Ablauf und Aufbau des Thrillers passt. Damit fällt die Orientierung leicht und es ist offensichtlich, aus wessen Perspektive erzählt wird. 

Meiner Meinung nach ist Lucy Foleys "Sommernacht" ein solider Thriller, der aufgrund des ungewöhnlichen Aufbaus zum Ausprobieren einlädt und trotz meiner Kritik insgesamt gut unterhält.