Rezension

Ungewöhnlicher Roman

Drei - Dror Mishani

Drei
von Dror Mishani

Bewertet mit 3 Sternen

Oft enttäuschen mich Bücher, wenn sich die Geschichten ganz anders entwickeln, als ich mir das vorher ausgemalt habe, wenn die Abweichung zwischen Erwartung und tatsächlichem Inhalt zu groß wird. Hier musste ich nach Klappentext und den ersten paar Seiten an Daniela Kriens „Die Liebe im Ernstfall“ denken. Abgesehen von den vorkommenden Dating-Portalen gibt es im Nachhinein betrachtet jedoch kaum Gemeinsamkeiten. Ich muss ein wenig schmunzeln, dass ich überhaupt diesen Gedanken hatte. Trotzdem war es interessant sich mit „Drei“ auseinanderzusetzen.

Zum inhaltlichen möchte ich mich nicht äußern, da man bei diesem Roman blitzschnell ins Spoilern gerät. Daher möchte ich von der Art und Weise der Aufbereitung berichten. Der Roman ist titelgerecht in genau drei Teile gegliedert, die jeweils die Geschichte einer Frau behandeln und scheinbar nur sehr locker über einen Mann miteinander verbunden sind. Die Teile sind in angenehm kurze Kapitel aufgeteilt, die zum steten Weiterlesen verleiten. Der Schreibstil beginnt im ersten Abschnitt mit verkürzt männlicher und unkomplizierter Sprache, die sich im zweiten Teil fortsetzt. Etwas Gewöhnung benötigen die israelischen Orte und Bezeichnungen, was aber keinesfalls ein Problem für mich darstellt. So liest man insbesondere im ersten Abschnitt, abgeschwächt auch im Zweiten eine mit den Seiten intensiver werdende, also anschwellende Geschichte, erwartet einen Höhepunkt mit danach fallender Handlung wie im Drama. Der Effekt, der durch den Wendepunkt entsteht, ist Wahnsinn, um es vorsichtig auszudrücken, macht den eigentlichen Reiz des Romans aus.

Die originären Schicksale der Frauen haben mich auf verschiedenen emotionalen Ebenen berührt. In Orna konnte ich mich richtig gut hineinversetzen, mit ihr fühlen. Für Emilia habe ich Mitleid empfunden. Ich mochte ihre Spiritualität. Emilias Geschichte würde ich durchaus auch als Sozialkritik an den israelischen Gegebenheiten werten. Insgesamt habe ich die beiden Teile ganz schön bedrückend, fast schon depressiv empfunden.

Im dritten Teil war nach wenigen Seiten klar, dass hier etwas anders sein würde. Der Schreibstil in diesem Abschnitt ist für mich außergewöhnlich, die Mischung aus Konjunktiv und Futur II ist schon etwas Besonderes, die daraus resultierende Perspektive erschien mir recht kreativ. Die komplizierte Sprache wirkt, als ob der Autor seine literarisch weibliche Seite in den Vordergrund rücken möchte, was auch gut zum Geschehen im Roman passt. Zudem teilt sich der dritte Abschnitt in zwei Handlungsstränge auf, die am Ende wieder zusammenfinden. Diese Stilmittel haben dem Roman noch mehr Drive verliehen, ihn für mich noch interessanter gemacht.

Trotzdem kann ich „Drei“ keine Top-Bewertung geben. Zum einen wurde ich förmlich erschlagen von den „verkürzten Dramen“ in nur drei Akten, zum anderen war der Ausgang des Romans recht schnell im dritten Abschnitt vorherzusehen.