Rezension

Unglaublich packendes Finale des grandiosen Fantasy-Zweiteilers

Der letzte Engel - Der Ruf aus dem Eis - Zoran Drvenkar

Der letzte Engel - Der Ruf aus dem Eis
von Zoran Drvenkar

Bewertet mit 5 Sternen

„Jeder Anfang ist ein Ende und jedes Ende ist ein Anfang in diesen Zeiten ohne Engel.“

Mit dem Abschlussband „Der Ruf aus dem Eis“ ist dem Jugendliteraturpreisgewinner Zoran Drvenkar ein unglaublich packendes Finale seines grandiosen, äußerst vielschichtigen Fantasy-Zweiteilers „Der letzte Engel“ gelungen, der den Leser bis zur letzten Seite in Atem hält.

Nach dem genialen ersten Teil, der sehr viel versprechend mit vielen losen Fäden und offenen Fragen endete, war ich wahnsinnig gespannt, wie die wendungsreiche Geschichte um die ominöse alte Prophezeiung, das Schicksal des letzten Engels Motte und der Kampf von Gut und Böse zum Abschluss kommt.

Auch in der Fortsetzung voller Action und Dramatik muss man bald erkennen, dass es unmöglich ist, eine klare Grenze zwischen den Guten und Bösen zu ziehen, verwischt sie doch in diesem clever angelegten Verwirrspiel immer wieder von neuem. Mit der Wiedergeburt Mottes und der Auferweckung der Toten scheint sich nun in nur 3 Tagen eine uralte Prophezeiung, die kaum einer richtig zu deuten weiß, zu erfüllen. Viel Zeit bleiben Motte und seinen Gefährten nicht, die in Gang gesetzten Ereignisse noch zu stoppen, doch steht fest, dass die Entscheidung an dem Ort im ewigen Eis fallen wird, an dem alles auf tragische Weise seinen Ausgang genommen hat. Unglaublich packend ist es mitzuerleben, wie sich die Gefährten tapfer ihren Widersachern und den Herausforderungen im Wettrennen mit der Zeit stellen und sich allmählich immer mehr Puzzlesteine zusammenfügen. Man beginnt zu ahnen, worauf es bei der undurchsichtigen Prophezeiung hinauszulaufen scheint. Doch kaum hat der Leser in einem Punkt etwas mehr Klarheit erlangt, steht er durch überraschende Wendungen vor neuen Rätseln und ist zum Umdenken gezwungen. So kann man sich nie sicher sein, auf welcher Seite die Figuren nun eigentlich stehen und wem man vertrauen kann. Niemand ist so, wie er sich gibt oder zu sein scheint, und jeder hat stets ganz eigene Interessen im Blick, was die Handlung unvorhersehbar und enorm spannungsgeladen macht. Auch die Beweggründe und Taten der Bruderschaft und der Familie geben immer wieder Anlass zu Spekulationen und lassen ihre Ziele fragwürdig erscheinen.

Sehr gelungen sind die sympathischen, sehr interessant angelegten Hauptfiguren Motte, Mona, Esko, Lars und Rike. Der Autor hat sie sehr einfühlsam und liebenswert beschrieben, so dass sie auch mit ihren charakterlichen Eigenarten und Verletzlichkeiten sehr lebensnah und authentisch wirken. Ihre Entwicklung im Laufe der ereignisreichen Tage ist sehr beeindruckend und wirkt äußerst glaubwürdig. Viele Charaktere, die bereits im ersten Band auftauchen, begleiten den Leser auch weiterhin, erhalten je nach ihrer Rolle in der Geschichte mehr Tiefe und können uns oft mit ihren Hintergründen, Geheimnissen und ihrem Verhalten überraschen.

Erneut wird die Geschichte aus vielen verschiedenen Perspektiven erzählt und fasziniert durch den einzigartigen, brillanten Erzählstil des Autors, der in seiner Komplexität zu einem ganz besonderen Leseerlebnis beiträgt. Hervorragend ist Zoran Drvenkar auch das Spiel mit den ständig wechselnden Perspektiven und Zeitebenen gelungen, das anfangs noch etwas verwirrend erscheint und große Konzentration beim Lesen erfordert. Es gibt Kapitel, die aus der Ich-Perspektive erzählt werden und zudem welche mit einem personalen und einem allwissenden Erzähler.

Gleiche Szenen werden öfters von unterschiedlichen Seiten beleuchtet, indem sie aus anderer Sichtweise erzählt werden, und ermöglichen dadurch völlig neue Einblicke in die Charaktere und geben einen besseren Überblick. Geschickt wird der Leser sogar durch direkte Ansprache sehr unmittelbar in das komplexe Geschehen einbezogen und hat das Gefühl selbst beim Erzählten dabei zu sein.

Dem Autor ist es bis zum Ende des Romans hervorragend gelungen, die Spannung auf enorm hohen Niveau zu halten, denn niemals ist klar, wohin sich die Handlung bewegen wird, ob die Mission erfüllt werden kann und wer von den sympathischen Gefährten letztlich überleben wird. Nach einem actionreichen, packenden Showdown fügt sich am Ende alles schlüssig und zufrieden stellend zusammen, auch wenn auf eine komplette Aufklärung verzichtet wird, werden die wesentlichen Fragen geklärt und sind in sich stimmig. Ein würdiger und sehr passender Abschluss dieser atemberaubenden Fantasygeschichte!

FAZIT

Ein unglaublich packendes Finale des grandiosen, äußerst vielschichtigen Fantasy-Zweiteilers „Der letzte Engel“, das den Leser bis zur letzten Seite in Atem hält.