Rezension

Unglaublicher Tiefgang

Der letzte Satz - Robert Seethaler

Der letzte Satz
von Robert Seethaler

Bewertet mit 5 Sternen

Gustav Mahler sitzt eingewickelt in Decken auf dem Deck der Americana und blickt seiner letzten Reise entgegen von New York nach Wien, begleitet von Erinnerungen, Erfolgen und Echtzeitaufnahmen lässt er sein Leben Revue passieren. Robert Seethaler nimmt den Leser mit auf dieser einzigartigen, eindrucksvollen Reise, die über die letzten Zeilen in die Welt hinaushallt.

Trotz der Kürze des Romans war der Inhalt sehr intensiv, authentisch und es bedarf keiner weiteren Zeilen, da er komplett, in sich schlüssig und schlussendlich fließend erscheint. Der große Künstler, der sowohl auf eine eindrucksvolle Karriere zurückblicken kann, als auch eine liebende Familie, was ihn mit unglaublich viel Wärme und Glück erfüllt. Gleichzeitig ist er Künstler, hadert mit sich, dem Leben, der Liebe und auch seinen Werken. Diese Zerissenheit zwischen den Zeilen, diese Zerbrechlichkeit und teilweise geschilderte Hochsensibilität, gepaart mit vielerlei Widersprüchen zeichnet für mich ein so emotionales, zugleich reales Bild eines Mannes, der das beste Leben gelebt hat, das er konnte, jedoch nicht das beste, was er vielleicht wollte. Die innere Auseinandersetzung zwischen Akzeptanz, dem Bewusstsein um die schönen, erlebten Momente und dem Wunsch nach mehr, dem Gefühl, dass alles nicht reicht, wird begleitet mit wunderschönen, malerischen Schilderungen, Zeitsprüngen und Dialogen. Präzise und fein säuberlich bleibt am Ende die Frage nach dem Glück für mich, im Leben, in der Liebe und im Tod. Wann ist ein Leben lebenswert und wann bereue ich verpasste Chancen? So eindrücklich hat für mich bisher noch kein Autor die letzte Reise eines Menschen verpackt.