Unheimliche Atmosphäre
Bewertet mit 3.5 Sternen
"Carmilla" von Joseph Sheridan Le Fanu gilt als einer der ersten und einflussreichsten Vampirromane der Literaturgeschichte. Lange vor Bram Stokers "Dracula" spielt diese düstere Erzählung in eine Welt voller Geheimniskrämerei, sexueller Spannung und übernatürlicher Ereignisse.
Erschienen ist das Buch bei Hobbit Presse Klett-Cotta Verlag im Oktober 2024.
Übersetzt wurden die 144 Seiten von Eike Schönfeld.
Die junge Laura lebt zurückgezogen auf einem Schloss in der Steiermark. Ihr idyllisches Leben wird auf den Kopf gestellt, als die geheimnisvolle und wunderschöne Carmilla in ihr Leben tritt. Eine intensive Freundschaft entwickelt sich zwischen den beiden Frauen, die jedoch bald von seltsamen Ereignissen überschattet wird. Laura beginnt zu schwächeln, und in der Umgebung häufen sich mysteriöse Todesfälle.
Carmilla ist nicht nur eine blutrünstige Kreatur, sondern auch eine verführerische und tragische Figur, die die Grenzen zwischen Mensch und Monster verwischt.
Die Beziehung zwischen Laura und Carmilla ist von einer intensiven, fast schon erotischen Spannung geprägt. Diese Darstellung der Liebe war für die viktorianische Zeit revolutionär und macht den Roman auch heute noch interessant.
Eine unheimliche Atmosphäre, düstere Landschaften, einsame Schlösser und die geheimnisvollen Ereignisse hätten mir ein unvergessliches Erlebnis schenken können. Ja, es hat mich insofern beeindruckt, dass die Sprache schwülstig und kaum zu verstehen ist. Ich hatte nicht mit diesem alten Stil gerechnet, so hatte ich Schwierigkeiten mit dem Verständnis beim Lesen.
Die Erzählung spielt mit den Ängsten und Sehnsüchten von Laura und hat mich an ihrer Verwirrung teilhaben lassen. Der gebildete Knoten in meinem Kopf hat sich zum Ende nicht komplett gelöst. Ein Trost ist mir das wunderschöne Cover, es schimmert schön in Rot und hat eine unheimliche Aura.
In einer Zeit, in der Homosexualität als Tabu galt und gesellschaftlich stark verurteilt wurde, war die Darstellung einer lesbischen Beziehung in einem Roman revolutionär. Le Fanu gelang es, diese Thematik auf subtile Weise anzusprechen und gleichzeitig die Zensur zu umgehen. Carmilla wurde so zu einer Art Code für lesbische Leserinnen, die in der Figur eine Spiegelung ihrer eigenen Erfahrungen erkennen konnten.
Wer sich für klassische Horrorliteratur interessiert, sollte dieses Buch unbedingt lesen. Allerdings für Erwachsene gilt meine Empfehlung, für Kinder ist diese Literatur nicht geeignet.
Als Vorläufer von "Dracula" bietet "Carmilla" eine ganz eigene Perspektive auf das Vampirthema.