Rezension

Unmögliches vorstellbar machen

Flammenalphabet - Ben Marcus

Flammenalphabet
von Ben Marcus

Bewertet mit 5 Sternen

Ben Marcus schafft das, was nur wenige ausgewählte High-SciFi-Autoren und die großen Meister des Surrealen schaffen. Er macht Unmögliches vorstellbar.

 

In einer zeit- (und auch raum-)losen Welt breitet sich die Sprachepidemie der Kinder und Heranwachsenden immer weiter aus und bedroht jeden ausgereiften Menschen mit Krankheit und später auch mit dem Tod. Die Erwachsenen fliehen in den Untergrund und überlassen die Infizierten sich selbst.

Auch der Protagonist bedindet sich im Laufe der Zeit - nach einigem Widerstand - auf der Flucht und sucht händeringend nach einer Lösung.

 

Flammenalphabet ist kein Buch über die Tücken der Adoleszenz, keine Metapher an Teenagerproblematik (und auch keine Adaption der Hoffmansthal'schen Sprachkrise). Dieser Roman ist ein Konglomerat an alternativen Denk- und Handlungsalternativen - vereint in dem Rahmen einer surrealen Zwischenwelt.

Obwohl voll von Phantasmen und Unmöglichem ist es wohl kein Roman für Fantasyliebhaber und Befürworter leichter "Runterlesekost", denn es erwartet den Leser eine ungeheure sprachliche Dichte und einen nicht zu verachtenden kognitiven Mehraufwand während des Lesens.

Die Phantasie hat Grenzen und das wird spätestens an der Stelle klar, wenn Sam, von der Krankheit der Sprache gezeichnet, an nicht mehr gedanklich greifbaren Instrumenten sitzt, um handwerklich eine Sprache zu erschaffen, die keine mehr sein darf.

Dieses aufkeimende Unverständnis für das was da passiert und die alles umgebende bedrückende, tief verzweifelte Atmosphäre ist etwas Nachwirkendes.

 

Für alle diejenigen, die eine spannende Geschichte in Kombination mit mentaler Arbeit zu schätzen wissen und sich nicht dadurch abschrecken lassen, dass das Zuklappen des Buches mit einem Kloß im Hals einhergeht.