Rezension

Unsympathische Protagonistin mit Doppelmoral

Kleine Frau, was nun? - Rachel DeWoskin

Kleine Frau, was nun?
von Rachel DeWoskin

Inhalt:
Judy ist kleinwüchsig, doch sie hat sich damit abgefunden und lebt ihr Leben nun so gut es ihr möglich ist. Sie wagt sogar den großen Schritt, an eine Privatschule mit dem Schwerpunkt Kunst, Schauspiel und Gesang zu wechseln. Zu Beginn läuft alles super: Sie findet schnell eine beste Freundin, sie wird von den Lehrern gemocht und auch mit den neugierigen Blicken ihrer neuen Mitschüler kommt sie gut zurecht. Dann lernt sie Kyle kennen und verliebt sich sofort in ihn. Als er sie tatsächlich auch zu mögen scheint, ist sie überrascht, geht aber darauf ein...

Später versteckt sie sich allein in einem Motel und erzählt die Geschichte des Ereignisses, durch das sie ihrer Meinung nach nie wieder in die Öffentlichkeit gehen kann.

 

Meinung:
Gleich zu Beginn muss ich sagen, dass mir das Buch absolut nicht gefallen hat. Ich werde versuchen, möglichst sachlich zu bleiben, allerdings kann ich nicht garantieren, dass es mir gelingen wird.

Das Buch startet direkt mit einem Kapitel, in dem sich die Protagonistin Judy über Vorurteile, Benachteiligungen und diskriminierende Bezeichnungen gegenüber Kleinwüchsigen beschwert. Dabei geht sie auf alle erdenklichen Begriffe ein und stellt klar, weshalb sie es nicht für angemessen hält, diese zu benutzen. Dieses Thema ist allerdings nicht nach den ersten Seiten erledigt, nachdem sie ihren Standpunkt losgeworden ist – nein! Ihre Beschwerden über das inkorrekte Verhalten gegenüber kleinwüchsigen Menschen ziehen sich durch das ganze Buch. Immer wieder erwähnt Judy, wie die Menschen sie immer anstarren, mit dem Finger auf sie zeigen und sie für ihr Aussehen auslachen. Während des Lesens gab es allerdings nur sehr, sehr vereinzelt Situationen, in denen dies geschah. Dafür bezeichnet Judy selbst sich immer wieder als Liliputaner oder Munchkin.

Auch sonst ist Judy keine leichte Protagonistin. Mir erschien sie sehr überheblich und von sich überzeugt. An sich ist es ja nicht verkehrt, an sich selbst und an das eigene Talent zu glauben, aber mehrmals schwärmte sie über mehrere Sätze von ihrem perfekten Aussehen, dem auch ihre Größe keinen Abbruch tut oder von ihrer einzigartigen und beeindruckenden Singstimme, während sie ihren Mitschülern unterstellt, neidisch darauf zu sein. Auch von ihrer Persönlichkeit schwärmt sie selbst in Gedanken. Dazu kommt noch, dass sie sehr undankbar scheint und statt sich zu freuen, dass sie direkt Freunde an einer neuen Schule gefunden hat, beschwert sie sich darüber, dass sie zu uncool seien und dass sie lieber beliebtere Freunde gehabt hätte. Für ebendiese lässt sie ihre „beste Freundin“ dann auch bei jeder Gelegenheit sitzen. Zudem hat sie selbst die Vorurteile, über die sie sich bei anderen Menschen beschwert. Mehrmals schließt sie aus dem Verhalten oder Aussehen einer Person Dinge über ihr Leben und ihre Persönlichkeit, ohne sie selbst zu kennen oder denkt schlecht über sie.

In diesem Buch erzählt Judy die Geschichte, die dazu führte, dass sie sich in einem Motel versteckt, seit einigen Tagen keinen Kontakt mehr zu Freuden und Familie hat und der Meinung ist, nie wieder nach Hause oder gar in die Schule gehen zu können. Den Grund dafür erfährt man allerdings erst gegen Ende des Buches. Die Protagonistin holt dabei weit aus und beginnt schon vor ihrer Geburt. Während sie also beschreibt, wie ihre Eltern ihre Tage verbrachten, woher der Name ihres Restaurants kommt, welches deren Lieblingskind war und wie sie selbst schließlich geboren wurde, fürchtete ich schon, dass Judys komplette Lebensgeschichte folgen würde. Das war dann nicht der Fall, da zu ihrem ersten Tag auf der neuen Schule vorgespult wurde und das davor geschehene nur zwischendurch ganz kurz aufgegriffen wird. Andererseits fand ich das schade, da ich mir ein paar Informationen über Judys Aufwachsen und ihre Kindheit gewünscht hätte, da es gerade als Kind sicher nicht einfach ist, mit der Kleinwüchsigkeit zurecht zu kommen.

Anders als andere Bücher wirkt dieses tatsächlich wie eine Nacherzählung. Die Gedanken und Gefühle der Protagonistin werden geschildert, wobei aber nicht nur die frühere Handlung thematisiert wird, sondern auch zwischendurch übergangslos von den aktuellen Ereignissen im Motel berichtet wird. Außerdem schweift die Erzählung oft von der eigentlichen Handlung ab und es werden Dinge berichtet, die vollkommen überflüssig zu sein scheinen und nicht zielführend sind. Das sorgte bei mir für wachsende Ungeduld, während ich weiter darauf wartete, endlich zumindest eine Vorausdeutung auf das angeblich lebenszerstörende Ereignis lesen zu können.

Als es dann immer weiter auf das Ende des Buches zu ging, kam tatsächlich so etwas wie Spannung auf und ich fieberte auf die Auflösung hin. Daraufhin flachte diese allerdings schnell wieder ab und da ich für die Protagonistin absolut keine Sympathie empfinden konnte, wurde ich von Szenen, in denen der Leser Mitleid haben sollte, nicht sonderlich mitgerissen.

 

Fazit:
Alles in allem konnte dieses Buch mich überhaupt nicht überzeugen. Die Protagonistin fand ich unsympathisch und ihre Doppelmoral nervig und die Geschichte weist nur gegen Ende des Buches kurz etwas Spannung auf, während die Erzählung vorher immer wieder abschweift und zu keinem Ziel zu führen scheint.

1/5 Punkten