Unter dem Radar
Bewertet mit 4 Sternen
Im Betatest „Going Zero“ des neuen Programms Fusion haben zehn Personen die Chance auf 3 Millionen Dollar, wenn sie es schaffen, 30 Tage unauffindbar zu bleiben. Findet Fusion alle zehn Probanden, winken Cy Baxters Social-Media-Konzern WorldShare Milliarden durch eine public-private-Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden.
Der Bibliothekarin Kaitlyn Day werden anfangs nur geringe Chancen in diesem Versteckspiel eingeräumt, doch sie entwickelt sich für Cy Baxter überraschend zur ernst zu nehmenden Gegnerin, die es einfallsreich schafft, unter dem Radar zu bleiben. Die Geschichte konzentriert sich auf Kaitlyn, während die anderen neun „Zeros“ mehr oder weniger schnell gefunden werden mithilfe aller technischen Möglichkeiten, die den Verfolgerteams zur Verfügung stehen, wie Gesichts- und Gangerkennung, die Überwachung und Auswertung mobiler Geräte und Internetaktivitäten, Familie und Freunde, persönliche Vorlieben und Gewohnheiten.
Die Kapitel zählen den 30-Tage-Countdown runter und wechseln (abgesehen von den kurzen Kapiteln der anderen neun Zeros) zwischen Kaitlyns Perspektive und der Fusion-Zentrale, wo der Leser einen Einblick in das Vorgehen der Teams gewinnt und Cy Baxters Hintergrund und Figur besser kennenlernt. Er ist frei von Moral und hat sich ein passendes Weltbild zugelegt, er genießt die Macht, die er hat. Seine Firma hebelt jeglichen Datenschutz völlig aus, verdient viel Geld mit Überwachung, Manipulation und Desinformation und untergräbt letztendlich die Demokratie.
In der zweiten Hälfte des Buchs gibt es eine Wendung, die Geschichte bekommt eine breitere Basis und weitere Facetten und es wird klar, dass Kaitlyn das fordernde und anstrengende Vorhaben nicht nur wegen eines möglichen Gewinns von 3 Millionen Dollar auf sich nimmt.
Anthony McCartens Schreibstil ist klar, geradlinig und bildhaft, manchmal auch augenzwinkernd, die Figurenzeichnung bleibt meistens blass und eher stereotyp, die Handlung ist temporeich, durchgehend spannend und deutlich kritisch gegenüber den Einsatzmöglichkeiten von neuester Technologie. Ich könnte mir eine Verfilmung von Going Zero sehr gut vorstellen. Mich hat das Buch mit dem einfachen, aber passenden Cover gut unterhalten und ich kann es jedem Leser empfehlen, nicht nur Thrillerfans.