Rezension

Untergetaucht, Geist oder Wahnvorstellung aus der Trauerbewältigung heraus?

Ich weiß, du bist hier - Laura Brodie

Ich weiß, du bist hier
von Laura Brodie

Bewertet mit 2.5 Sternen

Inhalt:
Sarahs Mann ertrank bei einer Kajak-Tour. Das ist sicher, auch wenn seine Leiche nicht gefunden wurde. Doch als sie ihn drei Monate nach seinem Tod in einem Supermarkt sieht, beginnt sie ein Spiel, bei dem keiner mehr weiß, ob es real ist oder nicht. Immer wieder begegnet sie ihm, bis er Halloween an ihre Tür klopft und ihr eine unglaubliche Geschichte erzählt. Ist David wirklich tot, oder stimmt seine Geschichte? Spricht sie mit ihrem Mann oder seinem Geist? Er ist so real und doch so kalt ... Sarah weiß aber auch nicht, ob sie es wirklich so genau wissen will.

Meine Meinung:
Das Buch ist absolut surreal. Eigentlich weiß man sehr lange nicht, ob Sarah hier wirklich einen Geist sieht, oder ob es tatsächlich David selbst ist. Und auch wenn es am Ende klarer ist, bleibt trotzdem noch eine weitere Frage offen ... die ich hier aber nicht stellen kann, um keinen Spoiler zu setzen.

Sarah ist eine komische Protagonistin ... weder sympathisch noch unsympathisch. Verstehen konnte ich sie teilweise schon, ich meine, wenn der Partner so aus dem Leben gerissen wird, muss man es erst langsam Stück für Stück verarbeiten denke ich. Und wer kann schon sagen, was der richtige Weg ist. Doch Sarahs Weg fand ich manchmal komisch. Genau so, wie ich einige Aktionen komisch fand, die auch nicht wirklich aufgeklärt werden, da doch einige Fragen am Ende offen bleiben ...

Neben David, der mir auch nicht wirklich sympathisch war, gab es da auch noch Nate, Davids Bruder. Ein Frauenheld, sehr attraktiv, aus dem ich aber auch nicht schlau wurde ... Rückblicke auf ihre Kennenlernzeit erzählen etwas anderes, als die Gegenwart dann präsentiert, was einen eher verwirrt zurück lässt.

Trotzdem kann man aber irgendwie nicht aufhören, dieses Buch zu lesen. Man ist einfach viel zu neugierig .. ist David ein Geist oder lebt er .. oder keines von Beiden? Ist er lediglich eine Einbildung von Sarah? Eine Art, ihre Trauer zu bewältigen, ein Eigengang des Geistes um den Menschen vor einem Verlust zu bewahren, den er nicht tragen kann? Jetzt am Ende ahnt man es .. weiß es aber nicht wirklich ... und obwohl das Buch jetzt knapp 4 Jahre auf meinem SUB lag .. es hätte nicht wirklich was gemacht, wäre es liegen geblieben ... ;)

Einen tollen Satz habe ich Euch aber noch mitgebracht, der sich bei mir irgendwie einnistete:

"Das Leben war nicht immer schön und fröhlich, mit frisiertem Haar, geweißten Zähnen und dem fertigen Abendessen auf dem Tisch. Manchmal war das Leben eben auch eine verbitterte Hexe, die mit krummen Buckel auf ihrem Bett hockte." 

Fazit:
Untergetaucht, Geist oder Wahnvorstellung aus der Trauerbewältigung heraus? Was ist David wirklich? Ein Buch, das einem zeigt, wie nah all das beieinander liegen kann, dass die Grenzen verschwimmen, wenn man nicht wirklich will, dass der Partner gegangen ist, unvorhergesehen und viel zu früh. Ich gebe zu, ich musste es zu Ende lesen um Gewissheit zu haben, auch wenn ich am Ende immer noch Fragen habe. Ich würde diesem Buch 3,5 Sterne geben ... da mir aber 3 zu wenig sind, runde ich auf 4 auf. Eine klare Empfehlung könnte ich aber nicht aussprechen ... das muss hier wohl jeder selbst entscheiden.