Rezension

Unterhaltam aber konservativ

Ein wenig Glaube - Nickolas Butler

Ein wenig Glaube
von Nickolas Butler

Bewertet mit 4 Sternen

Lyle und Peg Hovde leben im ländlichen Wisconsin, nicht weit entfernt von Eau Claire. Ihr kleines Dorf liegt inmitten von viel Natur. Es ist ruhig dort und beschaulich und natürlich kennt jeder jeden. Nach einer Zeit der Funkstille, die sich beide nicht recht erklären können, ist ihre Tochter Shiloh gerade wieder bei ihnen eingezogen. Und mit ihr, ihr wunderbarer Enkelsohn Isaac. Lyle und Peg freut es sehr, dass die beiden bei ihnen wohnen. Sorgen macht ihnen allerdings, dass ihre Tochter in eine zweifelhafte religiöse Gemeinschaft geraten ist, die mehr und mehr Platz in ihrem Leben ein- und immer bedrohlichere Ausmaße annimmt.

Hauptfigur Lyle muss man einfach liebhaben: Er ist ein geradliniger Naturbursche, ausgeglichen und liebevoll, dem nichts über seine Familie und seine Freunde geht. Einfach ein Opa wie aus dem Bilderbuch. Aber genau das führt auch zu meiner Kritik an diesem Roman: Peg und Lyle sind absolut wunderbare Eltern und Großeltern. Wie aber ist ihre Tochter dann so störrisch, undankbar und eigenbrötlerisch geraten? Ein paar Konflikte in Teenageralter schön und gut aber nachdem ihre Eltern ihr in ihrem Erwachsenenleben mit allem geholfen haben, immer für sie da und nichts anders als liebevoll waren, warum ist sie so ablehnend? Warum diese Sekte? Das war mir in der Gesamtheit zu sehr schwarz und weiß und zu wenig nachvollziehbar.

Ansonsten sind aber gerade Lyles Gedanken und Gefühle wunderbar ausgearbeitet. Seine Zweifel, seine Sorgen, seine Wut, seine Liebe. Da passt alles. Auch die Nebenhandlungen mit seinem Freund Hoot oder der Apfelplantage sind hübsch zu lesen und charakterisieren Lyle nochmal eindrücklicher.

Etwas zu „amerikanisch korrekt“ war mir der Umgang mit dem Thema Religion. Ja, die Sekte und ihre Machenschaften werden zu Recht verurteilt, aber dass hier ein Charakter so weit geht, dass er dem Glauben komplett abschwört oder sogar atheistisch wäre, nein, das kann Butler in diesem insgesamt eher wohlfühligen Amerikaroman natürlich nicht bringen! Zweifeln ist erlaubt, mehr aber auch nicht. Schade.

Insgesamt ist „Ein wenig Glaube“ aber ein wunderbarer Schmöker, der sich im Nu weglesen lässt und der mit seiner Mischung aus religiösem Konflikt und romantischem Landleben besticht. Die Geschichte strahlt durch das dörfliche und die viele Natur eine gewisse Ruhe aus. Gleichzeitig sorgen die Sekte und die familiären Konflikte die sich daraus ergeben für ein Gefühl der Bedrohung und Spannung. Butler schafft es zu berühren. Gute Unterhaltung also, aber vielleicht ein wenig zu konservativ.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 14. August 2020 um 18:39

Habe ich ganz ähnlich gesehen, schwarz-weiß.