Rezension

Unterhaltende Zeitreise, aber nicht überragend.

Hard Land -

Hard Land
von Benedict Wells

Bewertet mit 4 Sternen

Im Sommer 1985 wird Sam sechzehn, ist zum ersten Mal verliebt und seine Mutter stirbt an einem Gehirntumor. Um seine Ferien nicht nutzlos verstreichen zu lassen und auf keinen Fall zu seiner Tante nach Kansas geschickt zu werden, nimmt Sam einen Aushilfsjob im örtlichen Kino an. Für Sam ist es der Beginn eines unvergesslichen Sommers, in dem er Freundschaften schließt und erfährt, zu was er fähig ist, wenn er seine Ängste überwindet. Doch über all den wundervollen neuen Erfahrungen, schwebt die lebensbedrohliche Krankheit seiner Mutter. Der Sommer 1985 wird Sam für immer verändern.

Meinung

Benedict Wells hat sich für seinen Roman Hard Land von den bekannten 80iger Jahre Teenager Filmen, wie beispielsweise „Breakfast Club“ oder „Pretty in Pink“, inspirieren lassen. Der Roman gliedert sich in vier Episoden; Die Wellen, der Streich, die Prüfung, die Pointe, mit jeweils unterschiedlicher Kapitelanzahl.

Sam ist der Außenseiter. Seit die Familie seines besten Freundes weggezogen ist, weil es in Grady keine Arbeit mehr gibt, lebt er mit seinem Eltern ausgerechnet in einem Haus, das an den Friedhof grenzt. All das untermauert seine Stellung als Außenseiter und die Trostlosigkeit seiner Umgebung

Hinzu kommt die lebensbedrohliche Krankheit seiner Mutter, die den Teenager stark belastet. Der Autor hat ein feines Gespür für die Gefühlswelt des Jungen, der die Krankheit als stetige Bedrohung wahrnimmt. Wells versteht es Sams Angst eines Tages ohne seine Mutter dazustehen, aber auch die unbändige Wut drüber, eindrucksvoll in Wörter zu verpacken.

Umso so deutlicher wird der Gegensatz zu Sams bisherigen, von Angst geprägten Leben, als er in Kirstie, Cameron und Hightower neue Freunde findet. Nach und nach entdeckt Sam, dass auch seine neuen Freunde, die ihm so taff und cool erscheinen, ebenfalls ihre Päckchen zu tragen haben. Auch sie waren und sind nicht die selbstbewussten Menschen, die sie auf den ersten Blick scheinen. Durch diese Freundschaft beflügelt, stärkt sich Sams Selbstwertgefühl. Er probiert sich aus und wird mutiger.

Sams Verwandlung, wie er über sich hinauswächst, beschreibt der Autor in teils sehr poetischen Sätzen. Als Leser*in erlebt man den Sommer förmlich mit. Es ist ein Gefühl, als ob in diesen Wochen alles möglich wäre. Manch einer wird sich zurück erinnert haben, an einen Sommer, der für ihn unvergesslich ist. Genau dieses Gefühl lässt uns der Autor noch einmal erleben.

Bis das eintrifft, was der erste Satz des Romans schon eingeleitet hat; Sams Mutter stirbt. Ein schreckliches Ereignis, das Sam aus der Bahn wirft. Zuvor gibt es zwei Gespräche mit seiner Mutter, die eindringlich wiedergeben, wie eng die Bindung zwischen Mutter und Sohn ist. Ich bin froh, dass diese Gespräche stattfanden, denn für Sam waren sie meiner Ansicht nach sehr wichtig. Sams Reaktion und Gedankenwelt hat mich tief bewegt und zu Tränen gerührt, weil seine Trauer so unverfälscht beschrieben wurde, dass ich mich nicht unbeteiligt entziehen konnte.

Am Ende des Sommers muss sich Sam erst von seiner Mutter verabschieden und kurze Zeit später von seinen Freunden. Hightower und Kirstie besuchen das College und Cameron bricht zu einer Reise auf. Sam bleibt zurück. Es ist ein anderer Sam als noch zu Beginn des Sommers. Er ist erwachsener geworden.

Der Roman ist gut erzählt, dennoch fehlt es mir stellenweise an Tiefgang. Zudem wachsen einige Charaktere nicht aus ihren Klischees heraus, wie z.B. Kirstie, die mir als Figur nicht sonderlich sympathisch ist. In weiten Teilen hatte ich das Gefühl, das alles schon mal gelesen zu haben, was vor allem den ersten Abschnitt des Buches betrifft. Anders der Mittelteil, der hat mich begeistert und emotional mitgenommen. Dennoch gibt es immer wieder Stellen, die meiner Ansicht nach über das Ziel hinausschießen. Ein Beispiel hierfür ist die Prügelei vor der Beerdigung, die für mich keinen erkennbaren Sinn ergibt. Die Szene ist unnötig, einfach albern. Ebenso wirkten manche Formulierungen auf mich zu angestrengt. Poetische Sätze können sich ins Gedächtnis einbrennen, allerdings sollten sie in den Textfluss passen und nicht als konstruiertes Gebilde herausstechen. Wie zuvor betrifft diese Kritik den ersten Buchabschnitt.

Der Schluss zeigt sich sehr bemüht, die vermeintliche Erwartung der Leser*in zu erfüllen. Diese Bemühung ist in meinen Augen leider schief gelaufen. Es ist eine unglaubwürdige Inszenierung und versetzte meiner Begeisterung für die Geschichte einen ordentlichen Dämpfer. Das banale Ende hat mich ziemlich frustriert zurückgelassen.

 

Fazit

Ich habe Sam gerne durch diesen Sommer begleitet und zugesehen, wie er seinen Ängsten die Stirn bietet, um der zu werden, der er ist. Der Ton des Romans ist einfühlsam und ehrlich. Alles in allem eine unterhaltende Geschichte, die jedoch nichts Neues erzählt und nur selten an die genannten Vorbilder herankommt.