Rezension

Unterhaltsam

Marzahn, mon amour - Katja Oskamp

Marzahn, mon amour
von Katja Oskamp

Bewertet mit 5 Sternen

Mit den kritisch-liebevollen Augen einer Fußpflegerin...

Eine Freundin empfahl mir dieses Buch, es sei ein nettes Buch, was die Menschen (in Marzahn, aber auch anderswo) sehr gut charakterisiere.

Und wirklich: Katja Oskamp ist es sehr gut und sehr liebevoll in ihrem Buch „Marzahn, mon Amour“ gelungen, die Menschen in diesem Berliner Stadtteil mit all ihren Sorgen, Nöten und Hoffnungen zu beschreiben – mit den Augen einer Fußpflegerin! Arbeitsbedingt sind es überwiegend ältere Menschen (junge Menschen suchen eher selten eine Fußpflegerin auf...), aber es gibt auch die 5-jährige Mizzi – aber dazu komme ich noch...

Katja Oskamp hat Theaterwissenschaften studiert, als Dramaturgin am Volkstheater Rostock gearbeitet und hat ein Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig abgeschlossen. Mit vierundvierzig Jahren trifft sie die Erkenntnis: „Mein Leben war fad geworden – das Kind flügge, der Mann krank, die Schreiberei, mit der ich es bisher verbracht hatte, mehr als fragwürdig.“ (S. 7)

Katja Oskamp entschließt sich, den 8-wöchigen Kurs Fußpflege A zu absolvieren. „Als ich den S-Bahnhof verließ, fürchtete ich die Literaturagentin zu treffen, die in der Nähe ihr Büro betrieb und mir zuletzt nur Absagen übermittelt hatte – meine Novelle war von zwanzig Verlagen abgelehnt worden.“ (S. 7/8) Katja Oskamp beendet diesen Kurs und arbeitet danach in einem Kosmetiksalon in Marzahn als Fußpflegerin

Vor ihr auf dem „ pinkfarbenen Fußpflegethron“ sind alle gleich, sie verbiegt sich nicht, sie hört den Geschichten ihrer Kunden und Kundinnen aber genau zu – und diese hat sie treffsicher und emphatisch  in ihrem Buch erzählt, dass ich sie mir eigentlich alle sehr gut vorstellen konnte, ich habe nachvollzogen, auf welche Kunden sie sich freut,  - und auf welche nicht – aber „Geschäft ist Geschäft“!

Aber ich wollte noch von Mizzi berichten: „Mizzi ist fünf, in meiner Kundengalerie das Gegenstück zur sechsundneunzigjährigen Mutter Noll.“ (S. 113) Sie ist die Tochter einer Schriftstellerkollegin. Und Mizzi genießt den Besuch bei der Fußpflegerin – allerdings liebt Mizzi auch Zahnärzte... Nach einem Besuch erzählte die Mutter der Autorin.“ Mizzi habe am nächsten Tag eine Kitafreundin zu Besuch gehabt, mit der hätte sie Fußpflege spielen wollen. Die Freundin habe gefragt, was das sei, und Mizzi habe ehrlich verblüfft gefragt:“ Wie bitte? Du warst noch nie bei einer Fußpflegerin?“ (S. 113)

Ich habe dieses Buch (von der Seitenzahl eher ein Büchlein) mit zunehmender Freude genossen, die Autorin beschreibt die einzelnen Personen so warmherzig, findet für fast alle Erklärungen, ich habe die Geschichten als sehr aufbauend und positiv empfunden. Mir hat das Lesen großen Spaß gebracht und zweifle etwas – ehrlich gesagt – an den Verlagen, die eine solche Autorin ablehnen...

Von mir gibt es auf jeden Fall eine vollkommen überzeugte Leseempfehlung – und ich werde es demnächst zum Geburtstag verschenken!