Rezension

Unterhaltsam, kurzweilig, originell ​

Lady Trents Memoiren 1 - Marie Brennan

Lady Trents Memoiren 1
von Marie Brennan

Bewertet mit 4 Sternen

„Die Naturgeschichte der Drachen“ überzeugte mich schon vor dem Lesen durch das wundervolle Cover, das sowohl in der deutschen Übersetzung als auch der englischen Originalausgabe eine detailreiche anatomische Zeitung eines Drachen ziert. Auch im Roman finden sich mehrere Zeichnungen und eine hübsche Landkarte.
Glücklicherweise kann ich guten Gewissens sagen, dass der Inhalt dieser hübschen Aufmachung gerecht wird.

Aufgemacht ist der Roman als Memoiren der Hauptfigur Isabella, Lady Trent. Sie erzählt in diesem ersten von bislang fünf Bänden die Geschichte ihrer Jugend rückblickend als nun (vermutlich) ältere Dame. Dabei beweist sie einen äußerst unterhaltsamen und sympathischen Sinn für Selbstironie und kommentiert die teilweise unbedachten Entscheidungen ihres jüngeren Ichs mit einer guten Portion Humor.

Auch die junge Isabella ist durchaus sympathisch. Als typischer Wildfang hat sie keinen Spaß an Beschäftigungen, die man für eine junge Dame ihres Standes für angemessen hält. Lieber liest sie Bücher über Drachen, seziert und sammelt Tiere und begibt sich in gefährliche Situationen, sehr zum Leidwesen ihrer Mutter. Ihre rebellische Art und ihre Neugier und ihr Wissensdurst machen sie sympathisch. Im späteren Verlauf der Handlung trifft sie immer wieder unbedachte Entscheidungen, die sie selbst und andere in Gefahr bringen, und wirkt teilweise naiv, was sie als Figur authentisch und menschlich macht.

Auch viele der Nebenfiguren, die im Roman vorkommen, sind in ihrer Art durchaus originell und sympathisch, beispielsweise Isabellas Vater, der mich in seiner Gutmütigkeit und Nachsicht gegenüber der Eigensinnigkeit seiner Tochter an Mr. Bennet aus Jane Austens „Stolz und Vorurteil“ erinnerte.

Interessant ist der Fokus, den Isabella beim Erzählen ihrer Geschichte legt. Sie ist Drachenforscherin, Naturwissenschaftlerin also, und schreibt ihre Memoiren unter anderem, um junge Leute zur Wissenschaft zu ermutigen. Hauptthema ihres Buches sind daher ihre Forschungsinteressen und die Erkenntnisse, die sie über Drachen gewann. Wer also viele private Dramen und eine heiße Liebesgeschichte erwartet, ist mit „Die Naturgeschichte der Drachen“ schlecht beraten, obwohl am Rande durchaus auch Freundschaften und Liebe eine Rolle spielen.
Im Laufe des Buches vermischt sich Isabellas Forschung auch zunehmend mit ihren Erfahrungen mit anderen Kulturen und politischen Verstrickungen, in die sie während ihrer Forschung gerät.

Durch die chronologische Erzählweise, die mit Isabellas Kindheit und Jugend beginnt, entwickelt sich die Handlung zunächst recht gemächlich. Aufgrund des lockeren, humorvollen Schreibstils liest sich der Roman stets leicht, richtig in Fahrt kommt die Handlung jedoch erst im letzten Drittel des Romans, als die vielen Entdeckungen, Rätsel und Verstrickungen sich langsam zu einem spannenden Netz verdichten. Dadurch, dass sowohl blutrünstige Drachen als auch menschliche Verbrecher eine Rolle spielen, wird die Geschichte noch recht actionreich und spannend.

Ein interessanter Ansatz des Romans ist es, dass er zwar als Fantasy eingeordnet werden kann und in einer fiktiven Welt mit Parallelen zu unserer spielt, Drachen jedoch das einzig fantastische Element sind und im Roman wie andere Tierarten mit naturwissenschaftlichem Interesse behandelt werden. Isabella beschreibt und klassifiziert sie, wie eine Zoologin echte Tiere untersuchen würde, was diese Wesen deutlich komplexer wirken lässt als in Geschichten, in denen sie einfach nur blutrünstige Monster sind.

Fazit

Wer Lust auf einen Abenteuerroman mit fantastischen Elementen, einem originellen Ansatz (zum Thema Drachen) und eine erfrischende, mutige und humorvolle Protagonistin hat, sollte sich „Die Naturgeschichte der Drachen“ nicht entgehen lassen.