Rezension

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Unterhaltsame Frauensaga - Der Vergangenheit auf der Spur...

Die Lilie von Bela Vista
von Sylvia Lott

Bewertet mit 4.5 Sternen

Als die Hamburger Modedesignerin Josie das antike Collier ihrer Großtante erbt, ahnt sie nicht, dass dieses auf eine dramatische Liebesgeschichte zurückgeht – und ihr Leben verändern wird. Idar-Oberstein, 1830. Sophies Verlobter ist wie so viele Männer nach Brasilien ausgewandert – und entdeckt dort Edelsteine. Als Karl nicht kommt, um Sophie wie versprochen in die neue Heimat zu holen, ahnt sie, dass er ihre Hilfe braucht. Kurzentschlossen reist sie ihm hinterher und wird in einem Indiodorf im Dschungel fündig. Doch Karls langes Schweigen hat Gründe, die Sophie erst langsam durchschauen wird ...

Völlig überraschend erbt die Modedesignerin Josie von ihrer Tante Martha ein wunderschönes Collier mit Amethysten sowie zwei Ohrhänger und ein kleines Frauenporträt. Ein Brief der Verstorbenen lässt sie nur erahnen, was es mit den Gegenständen auf sich hat.
Zitat S. 17
"Liebe Josefine, dieses Collier ist für Dich bestimmt. Es ist Sophies Vermächtnis. Ich werde Dir ihre unglaubliche Geschichte erzählen, wenn Du etwas mehr Lebenserfahrung hast und reif genug bist, alles zu verstehen.
Es grüßt Dich herzlich
Deine Tante Martha

Doch nun war Tante Martha nicht mehr. Josies Lebensgefährte Edgar will, dass sie den Schmuck verkauft und es als Start für einen Immobilienkauf nutzen. Josie widerspricht ihm und fährt zu ihren Verwandten nach Idar-Oberstein. Hier beginnt - vielleicht unbewusst für Josie - ihre innere Einstellung, Änderung zu dem bisher geführten Leben. Dort begegnet sie zum ersten Mal Rico da Silva, ein Deutschbrasilianer, der mit dem Onkel geschäftlich zu tun. Die Familie, Marthas Sohn Reinhard, empfängt Josie mit offenen Armen. Das Geschäft, eine Achatschleiferei, ist 1838 von Sophie Kreuzer gegründet worden, die Frau auf dem kleinen Porträt.

"Die Lilie von Bela Vista" wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt und springt zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Josies Geschichte spielt in der Gegenwart; Sophie, die in den Dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts aus dem Hunsrück nach Brasilien ausgewandert war. Dort lebte schon seit einigen Jahren ihr Verlobter Karl. Er hatte versprochen, sie nachzuholen. Doch es vergehen viele Monate und er kommt nicht nach Deutschland. So macht sich Sophie, wie so viele andere Deutsche, auf ins Unbekannte.
Ausschlaggebend für Josies Nachforschungen bezüglich des Colliers war nicht nur Neugier, sondern was für eine Geschichte verbarg sich wirklich hinter all dem. Eine große Hilfe dabei ist ihr Ada, eine alte Dame aus Idar-Oberstein, die auf geheimnisvolle Weise mit Josies Tante Martha verbunden war. Denn woher sonst konnte sie so viel Wissen aus dem Leben der Vorfahren, sprich Sophie, haben? Die Rückblicke helfen dem Leser, die Handlungen der Personen zu verstehen. Und diese erzählen ebenso eine Familiengeschichte. Diese Erzählstränge harmonisieren gut miteinander. Das besondere an der Geschichte ist die schrittweise Enthüllung.
Der flüssige Schreibstil entpuppt sich durch viel Hintergrundmaterial u. a. zu den Edelsteinen als eindringlich und atmosphärisch. Hier hat die Autorin wirklich sehr gute Recherche geleistet. So fügt sich ein Puzzlestein an den anderen. Durch die Beschränkung auf wenige Personen gelingt es, dass der Leser nicht den Überblick verliert. Denn letzten Endes sind sie doch alle miteinander verknüpft. Die Hauptprotagonisten sind anschaulich und nachvollziehbar dargestellt.
Die Covergestaltung ist äußerst gelungen, und die Pastellfarben sind harmonisch. Allerdings vermutet man bei dem Anblick auf das Cover nicht diese Geschichte dahinter.

Fazit:

"Die Lilie von Bela Vista", ein Buch, das den Leser mitnimmt auf eine Reise in die Vergangenheit, die Geschichte der Auswanderer aus dem Hunsrück nahebringt als auch sehr viel Wissen um die Edelsteine. Es hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen und begeistert, trotz der düsteren Abschnitte aus der Vergangenheit. Wer so wie ich schon etliche Dokumentationen gerade über die Auswanderer aus dem Hunsrück nach Brasilien gesehen hat, bekommt durch die fiktive Geschichte von Sophie und Karl noch einmal einen anderen Blick für die damalige Zeit. Keinesfalls sollte man das Buch einfach mal nebenbei lesen. Ich musste feststellen, dass ich mich sehr bewusst auf diese Geschichte eingelassen habe. "Die Lilie von Bela Vista", eine fiktive Geschichte mit historischem Hintergrund, die einem auch mitteilt, dass man niemals aufgeben darf und für seine Ziele kämpfen muss. Allerdings gab es einige Passagen im Buch, die zu ausführlich, langatmig  beschrieben waren, und dadurch den Lesefluss störten. Ebenso nebensächlich fand ich, dass Ricos Tante, eine Dame von Anfang siebzig, den Schönheitschirurgen Ivo Pitanguy persönlich kannte. Das mag jetzt pingelig sein, aber es ist mir im Gedächtnis geblieben ohne Spickzettel. ☺
Stimmig von der Aufmachung bis zum Schluss und von daher empfehle ich es gern weiter.