Rezension

Unterhaltsamer Krimi-Klassiker mit kleinen Schwächen…!

Das Geheimnis von Dower House - Nicholas Blake

Das Geheimnis von Dower House
von Nicholas Blake

Ferguson O’Brien bekommt seit einiger Zeit anonyme Morddrohungen, die das ehemalige Fliegerass nicht ganz ernst nimmt. Erst als der unbekannte Briefeschreiber ihm mitteilt, dass seine Ermordung für den 2. Weihnachtsfeiertag anberaumt wurde, schaltet O’Brien den gewitzten Privatdetektiv Nigel Strangeways ein. Er bittet ihn, sich unauffällig unter die Gäste zu mischen, die er zu Weihnachten eingeladen hat. Hierbei handelt es sich um eine äußerst vielfältige Gästeschar. Außer den genannten Personen befinden sich – neben den Hausangestellten bestehend aus dem Butler Arthur Bellamy und der Köchin Mrs Grant – über die Festtage folgende Personen in Dower House: Entdeckerin Georgia Cavendish mit ihrem Bruder Edward Cavendish, die umwerfend schöne Lucilla Thrale mit zweifelhaften Ruf, Nachtclub-Besitzer Mr Knott-Sloman mit noch zweifelhafteren Ruf sowie Literatur-Professor Philip Starling. Es scheint ein entspanntes Fest zu werden, bis der Gastgeber erschossen in einer Hütte in der Nähe des Hauses aufgefunden wird. Der erste Eindruck lässt auf Selbstmord schließen, doch einige Indizien lassen Nigel Strangeways zweifeln. Als dann ein schändlicher Mordversuch an Bellamy verübt wird, ist die Verwirrung perfekt. Zusammen mit der Polizei versucht Strangeways den Wirrwarr aus Lügen, Verdächtigungen und Verschleierungen zu entknoten und muss dafür einen Blick in die Vergangenheit aller Beteiligten incl. des Mordopfers werfen…!

Was tut ein angesehener Professor der Universität Oxford nicht alles aus Geldnot: Er legt sich einen Künstlernamen zu und schreibt unter diesem Pseudonym von 1935 bis 1966 einige äußerst erfolgreiche Kriminalromane. So oder ähnlich könnte es bei Cecil Day-Lewis (alias Nicholas Blake), der im Jahre 1968 von der Queen zum Hofdichter ernannt wurde, abgelaufen sein. Somit konnte er – von den hehren Sphären der Poesie bis zu den mörderischen Abgründen – eine erstaunliche literarische Bandbreite vorweisen, die auch diesem Krimi zugutekam.  

Nicholas Blake (Ich bleibe bei meiner weiteren Ausführung bei dem Namen, der auf dem Cover des Buches steht!) bietet mir als Leser in seinem erstmals 1936 erschienenen Roman alle gängigen Ingredienzien, die für eine klassische Kriminalgeschichte vonnöten sind. Einerseits erfüllt Blake die Erwartungen seiner Leserschaft, indem er bekannte (und beliebte) Klischees bedient und einen spannenden Plot mit falschen Fährten liefert. Andererseits überrascht er mit interessanten Charakterzeichnungen der handelnden Personen, die die Klischees wieder konterkarieren. So hegt der taffe Abenteurer Ferguson O’Brien eine stille Freude am weihnachtlichen Dekorieren seines Hauses. Sein Butler Bellamy lässt die noble Zurückhaltung seiner Zunft vermissen und gehört eher zur robusten, direkten Sorte. Der hochgebildete Literaturprofessor Philip Starling frönt dem Klatsch und Tratsch und erfreut mit bissig-ironischen Bemerkungen. Und selbst der taffe Ermittler Nigel Strangeways wirkt eher wie ein harmloser rot-blonder Durchschnitts-Engländer.

Mit pointierten Dialogen gelingt es dem Autor die Spannung aufzubauen. Leider weist die Handlung auch die eine oder andere Längen auf und hätte besonders gen Ende etwas knackiger ausfallen können. Primär die Verfolgungsjagd „zu Lande“ und „in der Luft“ (Warum nicht auch „zu Wasser“?), die sich Ermittler und Täter am Schluss liefern, empfand ich eher ermüdend und war für den Verlauf der Geschichte eher unerheblich.

Doch trotz dieser kleineren Schwächen bereitete mir dieses Werk aus der goldenen Zeit des Kriminalromans – in Kombination mit Wolldecke, Tee und Plätzchen – einige vergnügliche Stunden.