Rezension

Unterhaltsamer Wohlfühlroman mit überraschend viel Tiefgang

Das kleine Theater am Meer - Rosanna Ley

Das kleine Theater am Meer
von Rosanna Ley

Bewertet mit 5 Sternen

Rosanna Leys Werk wartet mit vielen Überraschungen auf! Wer sich aufgrund des Titels einen seichten Roman, eine vorhersehbare Liebelei unter mediterraner Sonne erwartet, hat sich geirrt, denn diese vielseitige Geschichte bezaubert mit so viel mehr als "nur" einer Sommerromanze.

Nach abgeschlossenem Studium steht Faye vor der großen Frage: Was nun? Jahrelang hatte sie – entgegen aller Widrigkeiten – auf dieses Ziel hingearbeitet; es war schon immer ihr Traum gewesen, einen anerkannten Abschluss in der Designbranche zu erlangen. Ihr Umfeld hatte damals eher verhalten reagiert, als sie ihren sicheren und gut bezahlten Job an den Nagel gehängt und sich im Alter von Anfang 30 für einen beruflichen Neubeginn entschieden hatte; auch die Beziehung zu ihrem Freund ist darüber in die Brüche gegangen. Ehe Faye jedoch in Selbstmitleid versinken kann, nimmt sie dankbar die Einladung ihrer besten Freundin Charlotte an, diese ein paar Wochen auf Sardinien besuchen zu kommen; nach all dem Prüfungsstress kommt ihr ein Urlaub schließlich gerade recht. Zudem planen Freunde von Charlotte, das alte Theater im idyllischen Inselörtchen Deriu zu renovieren und würden sich sehr über Fayes professionelle Meinung als frischgebackene diplomierte Innenarchitektin freuen. Freudig sagt Faye ihre Unterstützung zu – ohne zu ahnen, dass sie sich bald zwischen den Fronten eines jahrelang schwelenden Konflikts, der die Bewohner Derius in zwei feindliche Lager gespalten hat, wiederfinden wird. Und dann ist da auch noch der unverschämt gutaussehende Alessandro, der Faye mit seiner unnahbaren, mysteriösen Art zwar fasziniert, sich jedoch höchst widersprüchlich verhält und voller Geheimnisse zu stecken scheint. Kann sie ihm trauen? Fest steht: nichts in diesem malerischen Inselstädtchen ist so, wie es scheint…

Neben der Story um die weibliche Hauptfigur Faye, die sehr realistisch dargestellt und in ihren Handlungen und Überlegungen durchaus nachvollziehbar gezeichnet worden ist, zieht vor allem die Nebenhandlung um Fayes Eltern (Molly und Ade) den Leser in den Bann. Man könnte sogar meinen, sie läuft der Hauptstory den Rang ab, weil beide Nebencharaktere so liebevoll und authentisch ausgearbeitet worden sind, dass sie für mich die stillen Helden dieses Werkes sind. Es werden ernste Themen angesprochen, allerdings überwiegen immer ein Gefühl der Leichtigkeit und die Hoffnung darauf, dass sich letztendlich - vielleicht, mit etwas Glück - doch noch alles zum Guten fügen wird. Manchmal ist ein Gewitter nötig, in dem es ordentlich blitzt und donnert, damit man danach den Sonnenschein umso mehr genießen kann. Erzählt wird aus mehreren Perspektiven, somit lernt man als Leser nicht nur Faye, sondern eine Vielzahl von Personen besser kennen, was der Geschichte eine interessante Dynamik verleiht. Es wird nie langweilig, im Gegenteil! Die Spannung wird kontinuierlich gesteigert und man kann nicht umhin, der Auflösung der Ereignisse entgegenzufiebern.

Nicht nur die Figuren sind voller Tiefgang, auch die bildhaften, detaillierten (Landschafts-)Beschreibungen von Fayes Heimat sowie von Sardinien haben mich restlos begeistert. Leuchtende Farben der Natur, betörende Gerüche, kulinarische Köstlichkeiten, das glitzernde Meer…all das wird so mühelos in die Handlung miteingebunden, dass man meint, den Wind auf der Haut spüren zu können, während man mit Faye die Altstadt des verträumten sardischen Ortes erkundet. Gleich im Anschluss an das Werk hat es mich in den Fingern gejuckt, eine Dokumentation über Sardinien anzuschauen, so reizvoll hat die Autorin die Schönheit der Insel beschrieben. Überhaupt ist der flüssige Erzählstil wohl am besten mit dem Wort "einladend" zu charakterisieren.

Das traumhaft anmutende Cover, das mit seinen Pastellfarben und hübschen Ornament-Verzierungen bereits vor dem Lesen zum Träumen einlädt, ist sehr treffend gewählt worden, da die pittoreske Kulisse des kleinen Hafenstädtchens den Zauber des Urlaubsortes perfekt einzufangen weiß. Auch der Buchtitel ist sehr gut durchdacht, da "das kleine Theater am Meer" nicht nur auf das tatsächliche Gebäude in Deriu, sondern auch auf ('renovierungsbedürftige') Beziehungen anspielt.

Fazit: Ein sehr angenehmes Leseerlebnis – inklusive einem Hauch Romantik und jede Menge Urlaubsfeeling! Unbedingte Leseempfehlung für alle Fans von spannenden (Frauen-)Romanen mit Tiefgang.