Rezension

Unterhaltsames Buch aus der Welt der Gamer - wo Jeder Alles sein kann, was er sich wünscht...

88 Namen -

88 Namen
von Matt Ruff

Bewertet mit 4 Sternen

Ein witzig und unterhaltsam geschriebenes Buch aus der Welt der Online-Spiele. Hier kann jeder beliebige Identitäten annehmen, egal, wer oder was er in Wirklichkeit ist - sei ein Kämpfer, sei ein Held, sei schön, mutig und stark - alles ist möglich!

"88 Namen" von Matt Ruff ist als Taschenbuch mit 336 Seiten im November 2020 beim Fischer Tor Verlag erschienen.

Mit seiner auffälligen Erscheinung fällt das Buch direkt ins Auge des Betrachters, der Titel macht neugierig, ohne etwas über Inhalt oder Thematik zu verraten.

"88 Namen" handelt von der Welt der Online-Spiele. Hauptperson ist John Chu, ein sog. Sherpa, der sich dafür bezahlen lässt, Kunden beim Bestehen von Online-Games zu helfen und sie als Kämpfer, Helden, Trolle, Götter oder was immer sie sich zu sein wünschen durch die Spiele zu führen, hauptsächlich durch ein Abenteuer-Spiel namens "Call to Wizardry".

Das Geschäft läuft bestens, aber dann kommt Mr. Jones - wer ist dieser geheimnisvolle Auftraggeber, der durch seinen Assistenten Smith immer wieder mitteilen lässt, wie das Game abzulaufen hat. Was will er wirklich? Ist er vielleicht Kim Jong-Un, der die virtuelle Welt auskundschaften möchte, um sie für seine politischen Intrigen zu nutzen? Er zahlt hohe Summen an John Chu und sein Team, aber was wäre ein guter Job ohne das Angebot eines mysteriösen Gegenparts, der das Doppelte zahlt, wenn Chu Mr. Jones auflaufen lässt?!...

Außerdem hat John Probleme mit seiner Ex-Freundin Darla, die nach einer äußerst unschönen Trennung geschworen hat, sich an ihm zu rächen...

Matt Ruff hat einen wirklich mitreißenden, cleveren Schreibstil, die Welt der Games ist super erklärt (es gibt auch ein Glossar im Anhang mit der Erklärung der Grundbegriffe, was für mich als Neuling in dieser  Welt wirklich wertvoll war!) und am Anfang jeden Kapitels gibt es einen kurzen Absatz aus jeweils unterschiedlichen Quellen, die Erklärungen und Infos im lexikalischen Stil liefern.

So macht das Lesen viel Spaß und auch die Ausflüge in die vergangenen Epochen der virtuellen Welten haben mir sehr gefallen. Ein paar reichlich skurrile Abschweifungen gab es hier auch, aber bevor es anfing, wirklich zu nerven, war es damit dann auch wieder vorbei.

Der Autor erschafft hier vielschichtige Charaktere, teilweise weiß man nicht, ob man sich mit ihnen gerade in der Realität oder in der virtuellen Welt von "Call to Wizardry" befindet. So fällt besonders gut ins Auge, dass hier mit Identitäten gespielt wird, Realität und Fiktion werden miteinander vermischt, Jeder kann Alles sein - das liefert auf der einen Seite Chancengleichheit (niemand weiß, ob die gertenschlanke Amazone in Wirklichkeit ein bärtiger Trucker mit Bierbauch ist oder eine Person mit Handicap, die auch einfach mal ein Held sein will oder normal, ohne Getratsche und mitleidige Blicke). Auf der anderen Seite ist es ein gefährliches Gebiet, weil niemand wirklich weiß, mit wem er es zu tun hat, ob das Gegenüber hehre Ziele verfolgt oder ein Betrüger ist.

Alles in allem sehr unterhaltsam und witzig auch für Nicht-Gamer. Für echte Geeks und Nerds vermutlich nochmal ein gänzlich anderes Lesevergnügen, da hier garantiert genügend Anspieleungen, Hinweise und ironische Parodien drinstecken, die man nur mit einem gewissen Basiswissen erkennt ;o))