Rezension

Unterhaltung mit viel Luft nach oben

Die Chronik des Eisernen Druiden 1 - Kevin Hearne

Die Chronik des Eisernen Druiden - Die Hetzjagd
von Kevin Hearne

Bewertet mit 2.5 Sternen

Atticus Sullivan ist Druide, der letzte seiner Art. Gut 2000 Jahre trieb er sich in der Weltgeschichte herum; nun lebt er mit Wolfshund Oberon in einer Kleinstadt in Arizona, schön weit weg von den Feen und Göttern Irlands.
Natürlich bleibt es nicht bei der ersehnten Ruhe. Zwar würde Atticus liebend gern weiter seinen Esoterikladen betreiben, sich über die Sterblichen lustig machen und des Nachts mit seinem Vampiranwalt – ja, seinem Vampiranwalt – ein wenig Schwertkampf trainieren. Doch ein alter Widersacher schickt seine Schergen aus und der „eiserne Druide“ gerät nicht nur in eine persönliche Vendetta, sondern muss bald feststellen, dass mehr dahinter steckt als die Rachegelüste einer keltischen Gottheit.

Vampire, Werwölfe, Hexen und ein kleines Bataillon mythologischer Gestalten: Kevin Hearnes Debütroman passt hervorragend in die Modern-Fantasy-Welt, ist aber im Gegensatz zu vielen zurzeit erfolgreichen Titeln weniger an ein jugendliches Publikum gerichtet. Es gibt viel Blut, ein bisschen Sex und nackte Frauen, mehr oder weniger überraschende Wendungen … insgesamt ein durchaus kurzweiliger, mit Action und Humor gewürzter, wenn auch nicht besonders anspruchsvoller Roman. Letzteres ist absolut verschmerzbar, schließlich darf Literatur ruhig auch nur unterhaltsam sein, und Tiefgang allein macht auch kein gutes Buch. Unterhaltung wird also geboten.
Warum mich „Die Chronik des Eisernen Druiden“ dennoch nicht wirklich überzeugt hat, hängt mit den Charakteren zusammen.

Schafft eine Geschichte es nicht, dem Leser ihre Hauptfigur schmackhaft zu machen, dann wird es problematisch. Damit meine ich nicht notwendigerweise Sympathie – es gibt ja durchaus faszinierende und interessante Romanfiguren, die bei einem Beliebtheitswettbewerb keinen Blumentopf gewinnen würden. Doch dieser Held bleibt leider merkwürdig profillos, was umso mehr ins Gewicht fällt, da er die ganze Geschichte als Ich-Erzähler vorträgt. Seine Beschreibungen der Geschehnisse bleiben meist oberflächlich und lassen das Potenzial der Figur ungenutzt. Ein Romanheld, der 2000 Jahre alt ist, könnte einiges zu erzählen haben, doch dieser Aspekt wird zwar inhaltlich aufgegriffen, aber von ihm kaum reflektiert. Atticus‘ Selbstdarstellung ist die eines coolen Typen, trotz seines Alters und seiner Erfahrungen offenbar perfekt an das moderne Leben unter Sterbliche angepasst, dessen Berichte „von damals“ daherkommen wie Urlaubsanekdoten. Selbst die Anflüge von Selbstironie wirken manchmal eher wie eine überhebliche Pose – „schaut mal, selbst ich bin nicht perfekt, aber trotzdem schon irgendwie der Größte.“ Denn letztendlich bleiben selbst Atticus‘ Fehler ohne größere Folgen, er redet sich mit Leichtigkeit aus Problemen raus, weiß sich mit seinen Druidenkräften stets zu helfen, kennt immer wen, der ihn souverän raushaut, und bleibt bis zum Showdown locker. Und natürlich ist er ein kerniger Frauentyp.
Das macht nicht nur die Figur etwas beliebig, sondern lässt auch die Spannung sinken; ich für meinen Teil hatte nur selten den Eindruck, dass Kevin Hearnes Druide jemals ernsthaft in Gefahr schwebte. Seine Feinde, eigentlich ziemlich mächtig, benehmen sich wenn’s drauf ankommt in der Regel wie aufgeblasene Wichtigtuer, die allein schon deshalb verlieren, weil sie – stereotypischer Bad Guy – sich selbst überschätzen und nicht über Atticus‘ Abgeklärtheit verfügen. Somit fällt es schwer, mit der Figur und ihrer Geschichte durchgehend mitzufiebern. Auch viele der anderen Figuren wirken flach, scheinen eher für den Style da zu sein als zur Bereicherung der Geschichte.
Schade ist ebenfalls, dass Kevin Hearne das Potenzial seines Konzeptes nicht nutzt. Ein uralter Druide und irische Götter in der modernen Welt, ohne Wissen der Menschen existierend, da lässt sich doch was draus machen … Doch diese Ausgangslage wird zu einem gewissen Teil verschenkt; meist reicht es für spöttische Kommentare über die Oberflächlichkeit der Menschen und die (mehr oder weniger witzige) Anekdote, wie die Göttin Flidais versucht, dem „Geheimnis“ der Smoothie-Herstellung auf die Spur zu kommen. Momente, in denen die archaische Weltsicht der Götter auf die der Menschen stößt – und Atticus‘ Platz zwischen den Stühlen dabei – sind vorhanden, werden aber kaum verfolgt. Und was besagte Menschen angeht: die spielen kaum eine Rolle und sind im Ensemble definitiv in der Unterzahl angesichts des übernatürlichen Personals, das sich hier tummelt. Das heutige Arizona wirkt daher manchmal eher wie eine Fantasywelt, in die sich gelegentlich ein paar Menschen verirren und sich blöd anstellen.

Auf der Habenseite steht ein durchaus flüssiger Schreibstil, der die Geschichte stets vorantreibt und sich nicht mit viel Schnickschnack aufhält. Hearne kommt zur Sache, sein Fokus liegt auf der Action und Unterhaltung, und in diesen Momenten funktioniert das Buch auch.
Die Lacher auf seiner Seite hat Wolfshund Oberon mit seiner Vorliebe für französische Pudeldamen, dessen Kommentare öfter für Komik sorgen.

Alles in allem also ein unterhaltsames Buch, hervorragend für zwischendurch und in einem Rutsch runterzulesen. Doch um in einem ohnehin übervollen Genre mehr zu tun als mitzuschwimmen, fehlt es hier an Substanz. Ein Anfang ist gemacht, es bleibt zu hoffen, dass Hearne die Luft nach oben nutzt.

Kommentare

Philipp Buschatz kommentierte am 04. April 2014 um 16:30

Sehr gute und treffende Rezension! Ich habe das Buch sehr gerne gelesen, aber irgendwas hat mir gefehlt dabei. Ich stimme dir zu - er hätte mehr draus machen können.

Bin mal gespannt auf den zweiten Teil.