Rezension

Unterhaltung und völlig unerwartete Plot-Twists garantiert.

Das Geschenk - Sebastian Fitzek

Das Geschenk
von Sebastian Fitzek

Ein Mädchen presst hilfesuchend einen beschriebenen Zettel von innen an das Autofenster. Als das Auto an Milan Berg vorbeifährt, wird er Zeuge der vermeintlichen Entführung, doch als Analphabet kann er nicht beurteilen, ob es sich tatsächlich um einen verzweifelten Hilferuf handelt oder doch nur der Scherz eines Teenagers ist. Der Gedanke an die ängstlich blickenden Augen des Mädchens lassen Milan nicht mehr los und so nimmt er mit seiner Freundin Andra die Suche nach dem Mädchen auf und gerät dabei in einen wahnsinnigen Roadtrip, der ihn Stück für Stück der Wahrheit über seine eigene Vergangenheit näher bringt.

Auch in diesem Herbst präsentiert uns der erfolgreichste deutsche Thrillerautor Sebastian Fitzek eine neue Geschichte. Das Buch ist passend zum Titel »Das Geschenk« in einer limitierten Sonderauflage mit einer speziellen Geschenkverpackung erhältlich oder schlicht als Hardcover mit Schutzumschlag, der ebenfalls den Eindruck einer Geschenkverpackung vermittelt.

Gleich zu Beginn werden die Leser*innen in ein brutales Folter-Szenario in einer Haftanstalt geworfen, in dem der Häftling Milan Berg schwer misshandelt wird. Nach dieser Einleitung wird ein zeitlicher Sprung in die Vergangenheit vollzogen, in der man Milans Geschichte Stück für Stück präsentiert bekommt. Durch diesen Kniff erzeugt Fitzek schon nach wenigen Kapiteln eine gewisse Grundspannung, schließlich möchte man wissen, wie es dazu kam, dass sich der Hauptprotagonist in diese missliche Lage wiederfindet.

Der Weg zu einer Antwort führt über zahlreiche Wendungen, denn kein Stein bleibt auf dem anderen und zum Ende ist nichts, wie es anfänglich den Anschein machte. Fitzek schickt seinen Protagonisten Milan Berg auf eine wilde Schnitzeljagd in die eigene Vergangenheit und nicht nur einmal scheinen dabei Wahrheit und Lüge ineinander zu verschwimmen.

Für mich war das Interessanteste an Fitzeks neuem Roman die Auswahl des Hauptprotagonisten Milan Berg, der wie über 6 Millionen andere Deutsche Mitbürger*innen nicht lesen und schreiben kann und sich zum Ausgleich dieses Handicaps (und um seine große Scham zu überspielen) mit viel Kreativität durchs Leben schummelt. Die Zeichnung dieses speziellen Charakters ist dem Autor hervorragend gelungen, denn man kann sich sehr gut in seine Lage hineinversetzten und spürt hautnah mit welchen Problemen und Ängsten er, ausgelöst durch seinen Analphabetismus, zu kämpfen hat.

Der fließende Schreibstil katapultiert einen direkt ins Geschehen und lässt die Seiten geradezu im Handumdrehen verfliegen. Allerdings muss ich sagen, dass mir der Handlungsplot der Geschichte und die einzelnen Stationen der Schnitzeljagd zu konstruiert wirkten und sich dadurch bei mir kein Gefühl des atemlosen Mitfieberns einstellen wollte. Auch die agierenden Protagonisten vermochten es nicht mein emotionales Zentrum anzusprechen, um damit für den nötigen Kick zu sorgen. Trotzdem muss ich sagen, dass es mir gut gefallen hat, die Ereignisse nicht nur aus Milans Perspektive zu erleben, sondern auch in die Gedankenwelt des Mädchens sowie der ihres Entführers einzutauchen.

Von einem guten Psychothriller erwarte ich dennoch, dass er mir unter die Haut kriecht und mich zum Schaudern bringt. Dies ist Sebastian Fitzek mit »Das Geschenk« nicht gelungen, denn trotz brutaler Gewalt und eines interessanten Hauptcharakters hat es diesem Thriller an Psycho-Schock-Momenten gefehlt.

Fazit

Unterhaltung und völlig unerwartete Plot-Twists garantiert. Für mich fehlte es dem Geschenk jedoch an Psycho-Spannung, die unter die Haut geht und an berührenden Emotionen.