Rezension

Unterstützung in Sackgassen des Lebens

Trost -

Trost
von Madeleine Hofmann

Bewertet mit 5 Sternen

Madeleine Hofmann erkrankte 2019 mit Anfang 30 an Brustkrebs und gehört damit in ihrem Alter zu einer Gruppe von nur 1% Betroffenen. Die Diagnose traf sie als freiberuflich arbeitende öffentliche Person und in einem Alter, in dem andere Frauen mitten in der Familienplanung stecken. An der persönlichen Erfahrung ihrer Erkrankung entlang befasst sie sich in recherchierten Passagen mit Verlusten generell,  dem Ende von Lebensabschnitten und der Trauer um Wünsche, die endgültig  unerfüllt bleiben werden. Eindringlich wirkt dabei ihr Beispiel  vom Pflaster, mit dem eine Verletzung verarztet wird und das häufig unsere erste Erinnerung ist an einen Moment der Zuwendung und des Trosts, dass es nun „besser werden“ wird. Im Erwachsenenalter  umfasst das Überbringen der Botschaft einer schweren Erkrankung die Scheu davor, nicht aufgefangen zu werden (selbst stärker sein zu müssen als die Empfänger der Botschaft),  sowie die Erfahrung, dass selbst Fachkräfte beim Überbringen lebensverändernder  Nachrichten nicht automatisch den passenden Ton treffen.  Ihre Schilderung des Fremdbestimmt-Seins durch Termine und Anweisungen tröstet bereits durch ihren  hohen Wiedererkennungswert ebenso wie zitierte Bullsh*t-Bingo-reife Bemerkungen, die  erkrankte Person sicher nicht hören möchten. Besonders treffend finde ich Hofmanns Darstellung des Ausgegrenztseins, wenn man den gängigen Lebensmodellen nicht  (mehr) entspricht.

Welche Themen oder Aktivitäten in einer „Sackgasse des Lebens“ neue Wege weisen können, halte ich für ein universelles Thema unabhängig von konkreten Umbrüchen. Warum Genießen, die Natur, Schönheit, Aufräumaktionen oder Aktivitäten in Gruppen uns guttun, könnte Angehörige ermuntern, ihre Unterstützung tatkräftig  zu zeigen. Auch das Trost spenden und Zuhören tröstet die handelnde Person selbst, so Madeleine Hofmann. Wichtig finde ich ihre Betonung, dass Empathie schon im Kindesalter intensiver vermittelt werden muss, dass Supervision und Weiterbildung von Fachpersonal  im Gesundheitswesen den Institutionen langfristig nützt und  neue Studiengänge wie „Spiritual Care“ in einer alternden Gesellschaft dringend nötig sind. Dass die Autorin sich seit der Corona-Pandemie zur Risiko-Gruppe Vorerkrankter zählen muss, spricht für ihre Glaubwürdigkeit - für diese Betroffenen wird nichts wieder sein „wie früher“.

Fazit

Madeleine Hofmann  verbindet  ihr persönliches Erleben, journalistische Recherche und Zitate selbst betroffener, empowernder Vorbilder zu einem flüssig lesbaren Buch.  Trost und Anregung geliefert haben ihr in Songtexten, Filmen und Biografien u. a. Susan Sontag, Anastacia, Audre Lorde, Luisa Neubauer, Annie Ernaux, C. N. Adichie und Frida Kahlo. „Trost: Was wir alle brauchen“ zum Prozess des Tröstens in lebensverändernden Krisen wendet sich sowohl an Betroffene, Angehörige, wie auch Personen, die beruflich oder ehrenamtlich auf die Unterstützer-Seite wechseln wollen.