Rezension

Unwissenheit ist Stärke

1984 - George Orwell

1984
von George Orwell

Bewertet mit 5 Sternen

1984, die Welt, wie wir sie kennen, existiert nicht. Drei große Machtblöcke, Ozeanien, Eurasien und Ostasien stehen in ständigen Krieg gegeneinander. Ozeanien ist ein totalitärer Überwachungsstaat. Winston Smith, der dort in Landebahn 1 (ehemals London) lebt ist Mitglied der äußeren Partei. An seinem Arbeitsplatz im Ministerium für Wahrheit berichtigt er Tag für Tag Zeitungsberichte, um die Vergangenheit den gegenwärtigen Zuständen anzupassen.

In Winston Smiths Welt ist nichts privat. Jeder Vorgang wird über allgegenwärtige Teleschirme beobachtet. Der Große Bruder sieht alles, hört alles. Und doch kann er sich seinen Erinnerungen nicht entziehen. Er beginnt an der Partei, am Programm zu zweifeln. Er beginnt heimlich, in einem toten Winkel, Tagebuch zu führen. Er fängt eine verbotene Liebesbeziehung zu Julia an, will sich mit ihr einer Untergrundbewegung anschließen. Winston fasst Vertrauen zu O’Brian, einem Mitglied der inneren Partei. Ein folgenschwerer Fehler.

„Krieg ist Frieden“, „Freiheit ist Sklaverei“ „Unwissenheit ist Stärke“: euphemistische Parolen beeinflussen das Denken. Schon der Wunsch zum Widerstand ist ein Gedankenverbrechen.

„Es gab kein Entrinnen. Nichts gehörte einem, bis auf die paar Kubikzentimeter im eigenen Schädel.“
Doch Schlafanzug, Isolationshaft, Dauerverhöre, physische und psychische Folter können auch dieses Innerste nehmen.

 „Neusprech“, „Doppeldenk“, die Veränderbarkeit der Vergangenheit sind nicht unbedingt Erfindungen Orwells, rhetorisch bestens geschulte Demagogen, die neue Wahrheiten schaffen, gab es und wird es immer geben. Heute hören wir Begriffe wie „alternative facts“ und „fake news“. Die neuen Medien, sozialen Netzwerke und das Leben in der Blase bieten dafür eine hervorragende Spielwiese.

1984 war die erste Dystopie, die ich vor Jahrzehnten, noch zu Schulzeiten gelesen habe, und sie hat bis heute nichts an ihrem Schrecken und ihrer Aktualität verloren. George Orwell hat dieses Werk schon Ende der 1940er Jahre geschrieben und schon damals wie heute bleibt 1984 ein eindringliches Gleichnis und Mahnmal gegen Diktatur und Überwachung.