Rezension

Urlaubsfeeling und lauernde Gefahr

Bewusstlos - Sabine Thiesler

Bewusstlos
von Sabine Thiesler

Bewertet mit 4 Sternen

Im neuen Thriller der Autorin Sabine Thiesler wird eine Familie von der Vergangenheit eingeholt. Das Schicksal hat es ohnehin nicht gut gemeint mit Familie Herbrecht, denn im Alter von nur 7 Jahren stirbt ihre Tochter bei einem schrecklichen Unfall. Der Zwillingsbruder Raffael überlebt, ist aber von da an ein Schatten seiner selbst und spricht mit niemandem ein Wort. Jahre später ist Raffael ein junger Mann, ohne Ausbildung, der gerne einen über den Durst trinkt und auch häufig aggressiv reagiert. Es scheint sogar als habe er Gedächtnislücken, denn wie sonst kann es sein, dass er eines morgens vollständig bekleidet in seinem Bett erwacht und feststellen muss, dass seine Kleider und das Bettlaken über und über mit Blut besudelt sind. Was ist geschehen? Raffael erinnert sich nicht, oder doch?

Der Leser begleitet Raffael durch die Geschichte und lernt diesen Menschen kennen. Aus einem Kind ist ein Scheusal geworden, aber findet sich die Ursache hierfür tatsächlich im Tod der Schwester? Raffael ist nur schwer zu beschreiben aber er ist eine Gefahr, eine Gefahr für jeden, der ihm über den Weg läuft.

Die Geschichte ist nicht leicht zu ertragen. Über ihr liegt stets eine beklemmende Atmosphäre. Die Spannung steigert sich als klar wird, dass Raffael seine Eltern aufsuchen will, die mittlerweile in der Toskana leben und dort ein Castelletto restauriert haben und als Hotel betreiben. Diese Mischung aus Urlaubsgefühl und guter Stimmung, vermischt mit der Gefahr, die von Raffael ausgeht, der einfach nur unberechenbar erscheint, ist grandios und verstörend zugleich. Ein Blick in menschliche Abgründe ist hier mehr als einmal möglich.

Wer die Autorin und ihre Bücher kennt, trifft im Buch auch auf alte Bekannte, was zwischendurch durchaus auflockern wirkt. Insgesamt gesehen ist „Bewusstlos“ ein wirklich guter Thriller, der den Leser zu fesseln versteht. Und am Ende steht für mich die Frage im Raum, ob ein Mensch seine Menschlichkeit tatsächlich so leicht verlieren kann. Vermutlich muss man diese wohl mit „ja“ beantworten.

Copyright © 2013 by Iris Gasper