Rezension

Utopie oder realitätsnah: Der Traum vom ewigen Leben

Die Abschaffung des Todes -

Die Abschaffung des Todes
von Andreas Eschbach

Bewertet mit 4 Sternen

Aktuell und aufrüttelnd: Wie wird sich unsere Gesellschaft entwickeln, wenn das ewige Leben möglich ist?

Der erfolgreiche Romanautor Andreas Eschbach (u.a. ”Freiheitsgeld”, NSA” , “Herr aller Dinge”, “Eines Menschen Flügel”) hat mit seinem Thriller “Die Abschaffung des Todes” ein Werk vorgelegt, das sich mit einem der ältesten Träume der Menschheit befasst, dem ewigen Leben. Schon des Cover dieses hochwertig ausgestatteten Buches symbolisiert die Ambivalenz dieses Themas: Auf der einen Seite der Blick in eine unendliche Zukunft, auf der anderen die Akzeptanz der Endlichkeit.

James Henry Windover ist der Ich-Erzähler dieser Geschichte, ein Journalist, der sich absolut der objektiven Wahrheit in der Berichterstattung seiner Zeitung, The Windover View, verpflichtet fühlt. Diese Zeitung ist sehr außergewöhnlich, denn sie kostet eine Million Euro pro Jahr und hat nur 49 Abonnenten. Für diese bereitet die Redaktion- je nach Interessenlage der Klienten- Zahlen, Daten und Fakten auf, interpretiert sie und beurteilt die Auswirkungen des Geschehenen. Absolut verpönt ist Meinungsjournalismus. Ein Team aus Experten weltweit steht so in Diensten der Superreichen, um ihnen die Basis für ihre geschäftlichen Entscheidungen zu liefern.

Mitgründerin der Zeitung ist Anahit Kevorkian, eine querschnittgelähmte Milliardärin, die James bittet, sie auf einem Investorentreffen der Firma Youvatar zu vertreten, damit sie beurteilen könne, ob eine Investition sinnvoll sei, denn Youvatar kündigt ein sensationelles Projekt an. Die Veranstaltung ist gut besucht, die Gründer der Firma, Victoria Watson, Gentechnikerin, und Ralph C. Arnesen,  Nanotechnologe, stellen ihr Geschäftsmodell vor, das es ermöglichen soll, im Endausbau das menschliche Gehirn in einen Computer hoch zu laden und der Person so ewiges Leben zu verschaffen. Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass auch das Bewusstsein des Menschen in den Computer übertragen werden kann und man danach mit einem Ersatzkörper ewig weiterlebt.

Neben den Wissenschaftlern ist Peter Young der Finanzier des Projektes, ein sehr umstrittener Investor. Ernste Bedenken kommen James, der das Projekt nicht durchschaut, als er hört, dass Young zwei Geschichten, ein Filmdrehbuch und eine Kurzgeschichte, um horrendes Geld gekauft hat. Dem möchte James auf den Grund gehen. Nunmehr beginnt eine gnadenlose Verfolgungsjagd durch Europa, wobei James und der Autor der Kurzgeschichte, Raymond Ferdurci, nur knapp dem Tod entgehen. Ihre abenteuerliche Flucht endet in Wien, wo es zu einem unvorhergesehenen Treffen mit Peter Young kommt. Und langsam begreift James, was hinter den Plänen von Youvatar wirklich steckt….

In James Henry Windover stellt uns Eschbach das Idealbild eines Journalisten vor, der sich nur  der Wahrheit verpflichtet fühlt. Trotzdem verfällt er der Manipulation von Youvatar und überlegt sogar, seine Abonnenten zu einer Investition in das Projekt zu bewegen. Denn er würde gerne selbst ewig leben. Dennoch wird er gerade jetzt durch eine schwere Erkrankung seines Vaters mit dem Tod konfrontiert. Nunmehr beginnt James, das Modell von Youvatar zu hinterfragen und überlegt, welche Auswirkungen das ewige Leben, das sich nur die Superreichen leisten könnten, auf  die Entwicklung der Gesellschaft haben würde. Und  muss er persönlich nun die Endlichkeit akzeptieren oder gibt es für ihn Hoffnung, dass das “Wunder des Lebens” den Tod besiegt?

Penibel wird die Arbeit der Zeitungsredaktion beschrieben, die aus Spezialisten für sämtliche Branchen, guten Technikern und einem herausragenden Sicherheitsdienst besteht. Jedoch unerwartet tut sich hier eine Lücke im ausgeklügelten System auf, die die Zeitungsmitarbeiter an den Rand ihrer Kapazitäten bringt, um James zu unterstützen. Auch hat Marta, James rechte Hand, immer wieder religiöse Bedenken gegen das Youvatar- Projekt. Erst spät wird James die Wahrheit hinter dieser Geschichte erkennen und Anahit Kevorkian beraten können. Jedoch, will sie seinen Rat annehmen?

Durch seine genauen Schilderungen aller Ereignisse schafft Andreas Eschbach so etwas wie Intimität zwischen James und den Lesenden. Er erzählt in einer bildhaften, fast vertraulich wirkenden Sprache die Vorkommnisse mit allen Details. Auch wenn man sich manchmal überfordert fühlt ob der Fülle der Informationen kann man sich als Lesender der Spannung dieses Thrillers nicht entziehen.

Mit “Die Abschaffung des Todes” hat der Autor ein umfangreiches Werk über ein umstrittenes Thema unserer Zeit vorgelegt, zu dem auch in der Realität immer wieder neue Forschungsergebnisse bekannt werden. Den interessierten Lesenden wird in ausgeklügelten Szenarien sowohl das Für wie das Wider der Verfahren zur Erlangung  des ewigen Lebens dargestellt, philosophische und gesellschaftliche Implikationen werden berücksichtigt. Als Lesender sollte man sich keine leichte Lektüre erwarten, jedoch eine sehr interessante Abhandlung über Ethik (Was darf die Wissenschaft?) und  Moral (Was kann der Mensch mit seinem Gewissen vereinbaren?) sowie über unabhängigen Journalismus, alles brennende Themen der Gegenwart. Damit hat der Andreas Eschbach einen Thriller geschrieben, der die ganze Aufmerksamkeit der Lesenden erfordert und verdient sowie einen Ausblick in eine ungewisse, vielleicht bald nicht mehr utopisch erscheinende Zukunft. Daher lautet die berechtigte Aufforderung des Autors am Ende der Lektüre:” Behalten Sie im Blick, was in der Welt passiert”!