Rezension

Vampire wie sie sein sollten

Judassohn - Markus Heitz

Judassohn
von Markus Heitz

Bewertet mit 4.5 Sternen

So geht Vampir heute.

Heitz schafft es abermals einen Vampirroman zu schreiben der einem, jenseits der populären Romantic-Fantasy, ein realistisches Bild von Vampiren vor Augen führt. Schonungslos stellt er diese Kreaturen in allen Facetten ihres Daseins dar und verfällt zu keiner Zeit in kitschige Beschreibungen.

Zum Inhalt: Die Geschichte geht da weiter, wo sie in Kinder des Judas aufhört. Sia, eine über dreihundert Jahre alte Vampirin, wacht über ihre Nachkommen Emma Karkow und deren Tochter Elena. Sie möchte verhindern, dass sie so werden wie sie. Doch ihre Vergangenheit holt sie ein, als eine Frau erscheint, die sich nichts mehr wünscht als ihren Tod. Sia wähnt sich bis dahin als letzte Judastochter, doch ihr plötzlich aufgetauchter Feind verfügt über ganz ähnliche Fähigkeiten wie sie selbst und scheinbar noch über einige mehr.
Zurück in der Vergangenheit, im späten 18. Jahrhundert, sind die drei Vampire Tanguy Guivarch, Sandrine und Dominic de Marat auf der Suche nach dem Sinn ihrer Existenz. Auf ihren Fersen ist stets ein unerbittlicher Feind. Ein Wesen, das ihnen den Tod wünscht, den endgültigen Tod und ewige Qual.

Meine Meinung: In Judassohn sind die Erzählperspektiven etwas übersichtlicher als im Vorgänger. Das Buch beginnt in der Gegenwart, schwenkt dann in die Vergangenheit, um zuletzt in der Gegenwart den Kreis zu schließen. Leider ist dies zunächst nicht erkennbar gewesen und so wartet man knappe 600 Seiten darauf wie es in der ersten Erzählperspektive weitergehen wird. Die Geschichten der drei Vampire im großen Mittelteil des Buches sind stellenweise etwas langatmig geraten. Wenn man sich dort zu viel Zeit mit dem Lesen lässt kann durchaus etwas Frust aufkommen, da man manchmal kein wirkliches Vorankommen der Handlung erkennen kann. Aber wie dann letztendlich alles am Schluss zusammenläuft ist einfach nur genial konstruiert. Das Durchhalten lohnt sich dafür in jedem Fall. Das Finale ist dann zwar etwas knapp geraten, aber dafür allemal spannend. Wobei die letzte Überschrift schon einiges vorwegnimmt.
Heitz lässt seine Vampire wieder einmal mit ordentlicher Brutalität zur Sache gehen. Einige Kämpfe haben es in sich. Kehlen werden aufgerissen, Blut spritzt und Knochen knacken. Aber man darf sich nicht wundern, schließlich hat man es hier mit Vampiren zu tun, die weder Zeit noch Interesse daran haben sich ein Lätzchen umzubinden und ein Tischgebet zu sprechen, zu wem auch? Hinzu kommen einige deftige Sexszenen, bei denen sich nicht erschließt warum sie in dieser Ausführlichkeit präsentiert werden. Hätte man sicherlich anders lösen können, aber an derartiges ist man aus anderen Romanen des Pakts der Dunkelheit schon gewöhnt.
Wenn man neben Kinder des Judas auch noch Ritus, Sanctum und Blutportale gelesen hat, gibt es zudem einige feine Details zu entdecken.

Fazit: Judassohn kann, wie auch sein Vorgänger, auf ganzer Linie punkten. Vampire wie sie sein sollten. Einzig der lang unterbrochene Handlungsstrang in der Gegenwart ist ein wenig ärgerlich. Aber rückblickend ist das gesamte Werk einfach sehr stimmig. Die geniale Auflösung am Ende entschädigt für das ein oder andere kleinere Manko.

Judassohn ist ein Teil des Komplexes "Pakt der Dunkelheit". Dieser setzt sich aus den folgenden drei zusammen:
dem Werwolf-Zweiteiler "Ritus" und "Sanctum",
der Vampir-Trilogie:
"Judas 1: Kinder des Judas"
"Judas 2: Judassohn"
"Judas 3: Judastöchter"
und dem Roman "Blutportale"

Jeder Teil des Komplexes lässt sich ohne Probleme unabhängig von den anderen lesen. Wenn man jedoch alle Teile lesen möchte, dann schlage ich folgende Reihenfolge (nach Erscheinungsdatum) vor: Ritus, Sanctum, Kinder des Judas, Blutportale, Judassohn, Judastöchter.