Rezension

Variationen über Liebe und Begehren

Fünf Lieben lang
von Andre Aciman

Bewertet mit 4 Sternen

In seinem Roman “Fünf Lieben lang“ beschreibt André Aciman das Liebesleben seines Protagonisten Paul.  Alles beginnt, als der 12jährige Paul sich während eines Familienurlaubs auf einer italienischen Insel in Giovanni genannt Nanni, den Tischler verliebt, der für seine Eltern Möbel restauriert, ohne dass der Junge begreift, was da eigentlich mit ihm passiert. Zehn Jahre später kehrt er zurück, als die Villa der Familie längst niedergebrannt und geplündert worden ist und sucht nach Giovanni, aber der ist spurlos verschwunden. Später ist er mit Maud zusammen und verliebt sich in den attraktiven jungen Tennisspieler Manfred. Umso erstaunlicher ist es, dass er mit Wut und Eifersucht reagiert, als er seine Freundin in vertrautem Gespräch mit einem Mann in einem Restaurant sieht. Er wird sie verlassen, wie er auch andere verrät und verlässt, wenn er seinem Begehren nachgibt. Chloe kennt er seit der Collegezeit. Alle vier Jahre werden sie für ein Wochenende ein Paar, ohne dass sich daraus eine richtige Beziehung entwickelt. Irgendwann werden sie einander gestehen, dass der jeweils andere für sie die Liebe ihres Lebens ist, die bis ans Ende ihrer Tage nicht aufhören wird. In mittleren Jahren verliebt er sich in die junge Journalistin Heidi. Wie so oft verhält er sich zögerlich, schüchtern, geplagt von Selbstzweifeln und weiß doch genau, dass er durch passives Abwarten schon viele Chancen in seinem Leben verpasst hat. Er stellt sich oft mögliche Parallelleben vor. Jedoch kann niemand in die Vergangenheit zurückgehen und ganz andere Entscheidungen treffen. Wir haben alle nur das eine Leben.

Der Autor erzählt diese Geschichte nicht linear mit einer konventionellen Handlungsstruktur. Es sind fünf lose verknüpfte Episoden um einen etwas rätselhaften Protagonisten mit unklarer sexueller Orientierung, der zu sehr tiefen Gefühlen und intensivem Begehren fähig ist. Diese Episoden variieren das Thema von Liebe und Begehren wie ein Musikstück. Von daher ist der Originaltitel “Enigma Variations“ - bezogen auf ein Orchesterwerk des britischen Komponisten Edward Elgar aus dem Jahr 1898 - auch wesentlich treffender als der deutsche Titel, zumal es zahlreiche musikalische Anspielungen im Text gibt.

Der Roman liest sich gut und lässt mich doch ein bisschen ratlos zurück. Paul ist ein Protagonist, der mir etwas fremd geblieben ist.