Rezension

Verdrängte Erinnerungen

Kleine Monster -

Kleine Monster
von Jessica Lind

Bewertet mit 4 Sternen

Kleine Monster von Jessica Lind, erschienen im Hanser Berlin Verlag am 22. Juli 2024.

Pia und Jakob werden zur Schule zitiert und bekommen von der Lehrerin gesagt, dass es einen „Vorfall“ zwischen ihrem Sohn Luca und einem Mädchen aus der Klasse gegeben hat. Jakob nimmt es gelassen, was soll ein siebenjähriger schon großartig verbockt haben, aber Pia hat erst die Haltung, die viele Eltern haben, diese „mein Kind tut sowas nicht“, dann will sie ihn zwingen zu erzählen was vorgefallen ist. Dabei kommen immer mehr ihre eigenen, fast zugeschütteten Erinnerungen und das Drama ihrer Familie zutage.

Geschrieben wurde in der Ich-Form und so tauchen wir ganz tief ins Leben von Pia ein. Die Vorbehalte, die sie Jakobs Familie entgegenbringt, das Schweigen, dass zwischen ihr und ihrer Schwester herrscht. Die Missverständnisse, die entstehen, wenn wir als Gesellschaft nicht miteinander reden. Auch Lucas schweigt, aus Trotz, Eingeständnis der Schuld, oder Angst vor Strafe?

Pia zieht sich immer mehr in einen Strudel aus Erinnerungen zurück, bei denen sie dann irgendwann neidisch auf die glückliche Kindheit ihres Mannes wird und sich mehr und mehr in eine Gehetzte mit schlimmen Gedanken verwandelt. Dies ist nachvollziehbar, da wir auch an ihrer nicht so perfekten Kindheit teilnehmen dürfen, in der es um einen nicht aufgearbeiteten Todesfall und eine daraus folgende unglückliche Beziehung zur Mutter geht.

Eigentlich hatte ich eine Geschichte über Kinder erwartet, die sich nicht immer, wie Engel benehmen, bekommen habe ich einen Roman wie belastend der Alltag für Mütter werden kann und wie aufreibend es wird, wenn es nicht so perfekt ist, wie manche Mütter glauben das Leben zu sein hat. Pia entfaltet auf dem Weg durch das Buch einen wahren Segen an küchenpsychologischen Weisheiten, die man getrost ignorieren kann, und einfach die Geschichte genießt.