Rezension

Verflochten

Der Zopf - Laetitia Colombani

Der Zopf
von Laetitia Colombani

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Zopf braucht drei Stränge. Laetitia Colombanis Roman erzählt von drei Frauen, die allerdings unterschiedlicher nicht sein könnten. Zufall? Da ist Smita, die in Indien lebt und nicht einmal einer Kaste angehört, aber dafür kämpft ihrer Tochter ein besseres Leben zu ermöglichen. Giulia in Italien, die in der familieneigenen Perückenfabrik arbeitet und bis spät in die Nacht liest. Und schließlich Sarah in Kanada, die versucht Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen. Drei Frauen, die auf den ersten Blick so gar nichts gemeinsam haben und die dennoch Teil ein und derselben Geschichte sind. Mehr noch, sie alle stehen vor einer Wende in ihrem Leben.

Laetitia Colombanis „Der Zopf“ reißt die drei Frauen aus ihrem gewohnten Alltag und stellt sie vor unbekannte Aufgaben. Die Art und Weise mit der diese drei Frauen ihre jeweiligen Aufgaben angehen, ist bewundernswert und sorgt dafür, dass man sich eigentlich nicht für einen Lieblingscharakter entscheiden kann, sondern mit ihnen allen Dreien mitfiebert und ihnen wünscht, ihre Aufgaben zu meistern. Beinahe beiläufig werden Themen wie Gleichberechtigung, Rassismus und Emanzipation angesprochen und im Rahmen der Erzählung sehr deutlich auf den Punkt gebracht ohne dabei den eigentlichen Geschichten um Smita, Giulia und Sarah Raum zu nehmen. Diese subtile Eindringlichkeit ist es auch, die den Leser zwischendrin aufhorchen lässt. Gepaart mit dem sehr zugänglichen Erzählstil der Autorin entwickelt „Der Zopf“ eine eigene Dynamik, der man sich nicht so leicht entziehen kann.

Der Zopf wird im Laufe des Romans zur Allegorie, die über die verflochtenen Haare, sowie die drei Handlungsstränge hinausgeht. Drei Frauen, zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Zwischendurch verflechtet Laetitia Colombani immer wieder Prosa mit Poesie, indem sie die Handlung durch Gedichte unterbricht. Diese Gedichte fügen sich allerdings nahtlos in die Handlung ein und verleihen Sorgen und Hoffnungen der Protagonistinnen Ausdruck.
Trotz der Gattungs- und Perspektivenwechsel verliert der Leser nie den Überblick. Im Gegenteil ist es eher so, dass die Geschichte dadurch an Breite und Tiefe gewinnt und ihr narratives Potenzial erst daraus entwickelt. In Kombination mit Erzählstil und der Handlung an sich ist der Autorin mit „Der Zopf“ ein mehr als überzeugender Roman gelungen.