Rezension

Verletzliche Kinderseele

Augustas Garten - Andrea Heuser

Augustas Garten
von Andrea Heuser

Bewertet mit 5 Sternen

Für die fünfjährige Augusta ist es ein Besuch bei Eduard. Doch sie weiß nicht, dass ihre Mutter ihr etwas verheimlicht. Der Abschied vom Vater war ein endgültiger. Ihr Zuhause gibt es so nicht mehr. Immer wieder drängt sie die Mutter, zu sagen, wann es wieder nach Hause geht. Doch als Antwort bekommt sie nur ein "Bald". Als ihre Spielsachen bei Eduard eintreffen, wird Augusta bewusst, dass es kein Zurück mehr gibt. Der einzige Ausweg scheint für das Kind die Flucht zu sein. Augustas Mutter wird durch die Angst um ihr Kind zurück in die Vergangenheit katapultiert. Parallelen zwischen ihr und Augusta tun sich auf.

Andrea Heuser schafft es, den Leser auf eine Zeitreise in die 70er Jahre mitzunehmen. Der Buchumschlag wirkt wie aus einer anderen Zeit, als würde dieses Buch schon Jahrzehnte im Regal stehen. Aufrüttelnd und gleichzeitig poetisch nimmt die Geschichte Besitz vom Leser.

Sprunghafte Rückblicke in die Vergangenheit der Erwachsenen lassen erahnen, dass hier viele Emotionen verdrängt und Hoffnungen begraben wurden.

"Nur hören kann sie ihn. Worte, die poltern, die greinen und bellen...."

 Der Wunsch, das eigene Leben besser zu führen, den eigenen Kindern mehr Aufmerksamkeit zu schenken, scheint gescheitert zu sein.

Augustas Sehnsucht nach Familienleben, einer Geburtstagfeier mit Mama und Papa, ihre Verletzlichkeit, ist so intensiv spürbar, dass man das kleine Mädchen aus den Buchseiten befreien möchte. Besonders schön beschrieben ist die kindliche Sicht auf Dinge. Unschuldig und berührend sieht man die Welt um sie herum mit Kinderaugen. Da werden z.B. Teppichflecken lebendig und entwickeln ein Eigenleben:

"Augusta besieht sich dieses Teppich-Wesen, das da plötzlich einen Buckel macht, es ist ihr unheimlich. Das Wesen muss schon lange unsichtbar hier gewohnt haben."

Oder bewegend, wie ihre kleine Welt aus den Fugen gerät:

"Die Mama hat gelogen, flüstern die Steinplatten, die Mama darf nicht lügen ... Weil, wenn die Mama lügt, was stimmt denn dann noch?"

Bewegend, aufrüttelnd und lange nachwirkend - ein wunderschöner Roman!