Rezension

Verletzte Seelen

Das Haus in der Claremont Street -

Das Haus in der Claremont Street
von Wiebke Carolsfeld

Bewertet mit 5 Sternen

Als Tom endlich vor der Tür des Schlafzimmers seiner Eltern angekommen war, brannten ihm in den Augen die Schweißtropfen. Als ihm einfiel, dass die Nummer 911 lautete, dass er wählen musste, zitterten seine Hände heftig. „Meine Mama“, flüsterte er, als er endlich jemanden in der Leitung hatte. „Bitte“, sagt er. „Blut“, fügte er hinzu. Genau in diesem Moment ertönte von unten ein lauter Knall. „Meine Mama“, versucht er es erneut. „Wir sterben“...

Mit Gänsehaut landete ich in dem Leben von einem neunjährigem, der das schlimmste Erlebnis in seinem Leben erlebt hat, seitdem unter selektivem Mutismus leidet und ziehe ich mit ihm in das Haus seiner Tante Sonya auf. Sonya; sein Vormund, große Schwester von seiner Mutter, seine Tante Rose und sein Onkel Will. Die vernünftigste in der Familie. Sie ist unfreiwillig kinderlos, weiß nicht, wie sie richtig reagieren soll und kommt nicht an den traumatisierten Jungen heran. Nach paar Wochen ist Tom gezwungen erneut umzuziehen. Diesmal in das Haus von seinen Großeltern, in die Claremont Street, wo seine chaotische Tante Rose und sein Weltenbummler Onkel Will wohnt. Doch auch dort geht einiges schief...

Mit einem wahnsinnig berührendem Schreibstil hat mich die in Deutschland geborene Autorin und Filmemacherin auf eine neunmonatige Reise mitgenommen. Neun Monate wie eine Schwangerschaft und wie ein Baby im Mutterleib entwickelt, entwickelt sich Tom auch. Toms stille Art, seine Schuldgefühle und seiner Trauer geht einem unter die Haut.

Erzählt wird die Geschichte aus mehreren Perspektiven und fast alle Familienmitglieder kommen zum Wort. Die sind zwar nicht „Perfekt“ aber einer von uns. Alle trauern auf eigener Art und Weise, haben Schuldgefühle und machen unüberlegte Fehler. Sehr authentische Charaktere.

Eine Geschichte mit all dem Tiefen und Höhen aus dem Leben von einer Familie. Berührend und hoffnungsvoll.