Rezension

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Vermischung verschiedener Genres

Das Haus der Verlassenen - Emily Gunnis

Das Haus der Verlassenen
von Emily Gunnis

Bewertet mit 3.5 Sternen

Als die minderjährige Ivy Jenkins 1956 schwanger wird, schickt ihr Onkel und Stiefvater sie ins berüchtigte St. Margaret's Heim für ledige Mütter. Obwohl das Haus von Nonnen geführt wird, erleiden die jungen Mütter dort ein grauenvolles Schicksal. Auch der Vater des Kindes, an den Ivy verzweifelte Briefe richtet, lässt sie im Stich, denn seine Footballkarriere ist ihm wichtiger. Und so wird Ivy das Heim nicht mehr lebend verlassen…

Rund sechzig Jahre später findet die junge Journalistin Sam im Nachlass ihres Großvaters einen der Briefe Ivys. Weil auch sie eine junge Mutter ist und gerade eine schwierige Zeit mit ihrem Noch-Ehemann durchmacht und weil sie sich fragt, in welchem Zusammenhang der Brief zu ihrer eigenen Familie steht, beginnt Sam auf eigene Faust zu ermitteln und deckt schreckliche Geschehnisse auf.

Emily Gunnis erzählt ihren Roman in zwei verschiedenen Zeitebenen aus der Sicht der beiden Protagonistinnen, die sich letztlich zu einem großen Ganzen verweben. Leider bleiben die beiden Frauen dabei ungewöhnlich blass und farblos, ich hätte mir mehr gewünscht um eine wirkliche Beziehung aufbauen zu können. Aufgrund der nur kurzen unpersönlichen „Auftritte“ ist es anfangs auch nicht ganz einfach, die vielen Personen und Namen auseinanderzuhalten. Und leider hält die Autorin ihre Timeline auch nicht konsequent bei: Manche Daten und genannte Dauer passen nicht zusammen, wenn man nachrechnet.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und zusammen mit einem harmonischen, starken Spannungsbogen konnte ich das Buch – trotz einiger Schwächen - nicht mehr aus der Hand legen; die Geschichte hat mich völlig in ihren Bann gezogen.

Achtung Spoiler:
Wie die Autorin in ihrem Nachwort schreibt, lag ihr das Thema „Medikamentenversuche an Kindern“ sehr am Herzen, das ein Kernthema dieses Romans sein soll und das ich selbst als überaus interessant erachte und sehr gerne mehr erfahren hätte. Doch leider setzt sie diesen Faden nicht konsequent um, sondern behandelt es eher beiläufig, was ich sehr schade finde. Die Unsäglichkeit dieser Methoden kommen für mich letztlich leider viel zu kurz.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Autorin viele spannende Wendungen in ihrem Roman eingearbeitet hat mit einem profunden historischen Wissen; leider verfolgt sie die meisten Themen nur im Ansatz und arbeitet den Verlauf nicht weiter aus. Auch erscheinen mir manche Zusammenhänge schon sehr konstruiert und unglaubwürdig.

Insgesamt lässt sich „Das Haus der Verlassenen“ auch nicht wirklich in ein Genre einordnen:
Ist es nun ein historischer Roman, ein Thriller oder einfach nur ein Frauenroman, denn Themen Herzschmerz und Liebesleid stehen schon sehr im Vordergrund und lassen die eigentlich Ermittlungen um Ivys Tod in den Hintergrund treten.

Insgesamt konnte mich das Buch fesseln, doch ich muss leider kritisieren, dass Emily Gunnis nicht mehr aus ihrem schreiberischen Können und dem hochbrisanten Thema gemacht hat!
(3,5 / 5 Punkten)