Rezension

Verrückt, oder bipolar? Durchgeknallt, oder manisch depressiv?

Die Welt im Rücken - Thomas Melle

Die Welt im Rücken
von Thomas Melle

Bewertet mit 4.5 Sternen

Mutig, dachte ich, als mir bewusst wurde, welchen Stoff ich mir da ganz unbedarft hatte vorschlagen lassen. Mutig aber auch vom Autor selbst, seine Geschichte einer Krankheit dem Wolfsrudel der Leserschaft darzubieten, mit der Hoffnung auf eine Dokumentation und Aufarbeitung seines Leidensweges, die ihm, nach eigenen Worten, in Zukunft vielleicht sogar Hilfestellung bieten soll.

Thomas Melle ist an einer Bipolaren Störung erkrankt, er ist manisch depressiv! Er erzählt von seinen 3 manischen Schüben zwischen den Jahren 1999 und 2010 und den anschließenden depressiven Phasen. Eindringlich schildert er, wie er sein Leben systematisch in Stücke schlägt, Freunde bis zum menschlich Erträglichem "verbraucht", glaubt, selbst Gott zu sein und alles und jeder sich auf ihn bezieht. Mehrfach wird er in die Psychiatrie eingeliefert, entlässt sich aber immer wieder selbst, verwüstet seine Umgebung, bekommt Hausverbote. Er hinterlässt verbrannte Erde und versucht, dieser durch Umzüge auszuweichen, manövriert sich aber in den finanziellen Ruin.

Thomas Melle aber hat das Glück, ein talentierter Erzähler zu sein und mich mit seinen Worten in eine Thematik eintauchen und nachfühlen zu lassen, die ich oberflächlich einfach als "verrückt" abgetan hätte. Für ihn selbst ist es auch eine Art Therapie, aufzuschreiben , was ihn "geritten" hat, hoffentlich auch ein Anker, wenn die Welt wieder aus den Fugen gerät und uns "Normalen" Aufklärung im besten Sinne.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 13. Januar 2019 um 19:09

Schöne Rezi. Ich habe das Buch aber ganz anders wahrgenommen: als unerträgliche Selbstdarstellung und Selbstbeweihräucherung. Interessant wie unterschiedlich unsere Sichten sind.

Emswashed kommentierte am 14. Januar 2019 um 09:52

Sich selbst hat er sehr wohl dargestellt (war ja auch Sinn und Zweck der Übung), aber beweihräuchert bestimmt nicht. Ich habe dieses Buch fast als eine Art Schuldeingständnis für all den gebauten Mist gesehen, wobei er selbst weiß, dass er nicht erwarten darf, dass ihm verziehen wird. (dass, dass, dass... Melle kann besser mit Worten umgehen! ;-))

wandagreen kommentierte am 14. Januar 2019 um 09:54

Melle ist für mich kein ernstzunehmender Autor. Ich sag ja, hier gehen unsere Meinungen weit auseinander.

Paperboat kommentierte am 27. Januar 2019 um 09:10

Vielleicht sollte man dieses Buch nicht als literarisches Werk oder als Therapieleitfaden sehen, sondern einfach einreihen in eine Sichtweise bzw. eine Erfahrung zu dem Thema.
Scheint jedenfalls gleichermaßen ein gleichermaßen interessantes Buch zu sein wie es einen zeitgleich wohl auch überdrüssig macht angesichts so viel Irrationalität und Impulsivität.