Rezension

Verrückte, bitter-böse Familiengeschichte

Der Zopf meiner Großmutter - Alina Bronsky

Der Zopf meiner Großmutter
von Alina Bronsky

Bewertet mit 4.5 Sternen

Alina Bronskys neueste Geschichte "Der Zopf meiner Großmutter" spielt ein weiteres Mal unter russischen Kontingentflüchtlingen und wieder mal hat sie eine dominante Großmutterfigur geschaffen, die keinesfalls sympathisch ist, mir aber dennoch ans Herz wuchs. Max' Großmutter hat die kleine Familie fest im Griff, dominiert mit ihren Verrücktheiten den eigenen Ehemann und Enkel. Beide nehmen das recht lakonisch hin – auch nachdem der Großvater sich in eine andere Frau verliebt und das sowieso schon ungewöhnliche Familienleben auf den Kopf stellt.
Nach und nach entwickelt sich aus Vergangenheit und Gegenwart eine Familiengeschichte, in deren Vergleich die eigene Familie auf einmal ganz normal wirkt – egal wie verrückt sie sein mag. Anders erzählt, wäre diese ungewöhnliche Familiengeschichte wohl ganz schon dramatisch und entweder zu übertrieben oder aber langweilig. Alina Bronsky zeichnet die Figuren aber liebevoll, sodass sie mir alle ans Herz gewachsen sind. Im Zentrum dieser herrlich verrückten Geschichte steht die Großmutter, die das beste will, dabei aber ständig über das Ziel hinaus schießt. Man kann ihr nicht wirklich böse sein – auch die anderen Protagonisten sehen zwar ihre krankhafte Dominanz, schaffen es aber dennoch nicht, sich von ihr zu lösen und nehmen ihr ihre Art nicht wirklich übel.

Bevor die Geschichte und vor allem die Großmutter doch irgendwann anstrengend werden könnten, ist das verhältnismäßig schmale Buch auch schon beendet. Für mich war das genau das richtige Maß.
Der Witz in diesem Buch ist bitter-böse. Wenn man das mag und am besten noch einen kleinen Osteuropa-Faible hat, wird man hier prächtig unterhalten. Das Buch liest sich sprachlich locker und flüssig.