Rezension

Versetzt Aberglaube Berge?

Die geheime Mission des Kardinals - Rafik Schami

Die geheime Mission des Kardinals
von Rafik Schami

Bewertet mit 5 Sternen

„Die Diktatur ist ein verseuchter Fluss, er kontaminiert jeden, auch diejenigen, die gegen den Strom schwimmen, weil sie zur Quelle gelangen wollen.“ [429]

Es gibt Bücher wo man sich fragt, warum man nicht früher auf den Autor gekommen ist und die so gut geschrieben sind, dass sie ein Highlight des Jahres darstellen. Und genau hier kommt „Die geheime Mission des Kardinals“ von Rafik Schami ins Spiel.

Der Roman ist unglaublich spannend geschrieben. Also jetzt nicht als Kriminalfall, wer das erwartet, der wird wahrscheinlich enttäuscht, denn dieser dient lediglich als roter Faden, sondern vielmehr über die syrische Gesellschaft. Rafik Schami hat mich persönlich mit diesem Buch sogar entschleunigt. Wie gerne hätte ich mir eine Tasse Kaffee oder Mokka geschnappt und mich mit Barudi und Mancini unterhalten. Schami schreibt wunderbar atmosphärisch, haucht den Dialogen Leben ein und lässt uns am syrischen Leben teilhaben, gewährt tiefe Einblicke.

Barudi, der „syrische Sherlock Holmes“ [37], Kommissar der alten Schule und Protagonist steht vor seinem letzten Fall, in dem die Frage zu klären ist: „Wer hat den Kardinal entführt und ermordet und wo ist sein Begleiter?“ [317] Ihm zur Seite steht Mancini, ein Kollege aus Rom. Schnell manifestiert sich eine Meinung: „Die Mörder sind weder Muslime noch Christen oder Juden. Sie sind weder Syrer noch Fremde. Sie sind Monster.“ [101]

Der Krimi dient lediglich als Gerüst, denn eigentlich geht es in dem Roman um Glaube und Liebe, Aberglaube und Mord und natürlich um die Konflikte der syrischen Gesellschaft. Immer wieder lässt der Autor die Leser*innen an den Gedanken seines Protagonisten Barudi teilhaben. Dies geschieht über Tagebucheinträge und lässt das Ganze somit noch glaubhafter werden.

Es gibt viele Stellen, welche einen - wie auch Barudi und Mancini – schmunzeln lassen, aber gleichzeitig auch die Grausamkeit vor Augen führen. Hier am Beispiel Glaube und Aberglaube: „Doch der Geheimdienst war schneller als alle guten Geister.“ [219]

Seine sympathischen Charaktere lässt Schami sich immer wieder auf einem hohen Niveau unterhalten. Man nimmt teil, genießt das Werk und dessen Botschaften:
„Sobald Fanatismus die Seele erobert, verkommt das Wissen zur Toten Information, die keinen Einfluss mehr auf die Seele hat.“ [350]

Ein Buch das seinesgleichen sucht. Perfekt und hintergründig geschrieben für alle, die auf Fakten stehen, sich für fremde Kulturen und deren Geschichte und Politik interessieren.

„Die Tentakel des Kraken brauchen nicht klug sein, sie führen einfach genau das aus, was das kluge Hirn des Tiers befiehlt.“ [241]