Rezension

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Versprochen wird ein Thriller, der Titel verheißt eine Liebesgeschichte, aber am Ende entpuppt der Roman sich als düster-atmosphärischer Mystery-Horror

... und morgen werde ich dich vermissen - Heine Bakkeid

... und morgen werde ich dich vermissen
von Heine Bakkeid

Bewertet mit 2.5 Sternen

Ein Thriller, der keiner ist. Ein Titel, der zu einer Liebesgeschichte passt, die aber auch keine ist. Heine Bakkeid hält in seinem Auftaktsroman um den ehemaligen Ermittler nicht ein Versprechen und präsentiert trotzdem einen atmosphärisch-spannenden, vermeintlich typisch skandinavischen Krimi, der es vermag, den Leser von der ersten Seite an zu fesseln, sich am Ende jedoch leider selbst zu Fall bringt.

... und dabei hat es so gut angefangen!
Bakkeids Protagonist, Thorkild Aske, wird gerade frisch aus dem Gefängnis entlassen und sieht sich als ehemaliger Sträfling bei dem Versuch, einen Weg zurück in die Gesellschaft zu finden, mit den typischen, aber auch untypischen Problemen konfrontiert – denn als ehemaliger interner Ermittler und des Lebens überdrüssig, ist er nicht gerade leicht zu vermitteln. Darüber hinaus verfolgt Thorkild ein Rattenschwanz an unaufgearbeiteter und mysteriöser Vergangenheit, allem voran Frei – das Mädchen, das er liebt. Und die Spirale scheint unaufhörlich nach unten zu führen, als Freis Onkel, in dessen Schuld Thorkild steht, ihn bittet, sich auf die Suche nach seinem Sohn zu machen, den jedoch alle bereits für tot halten.

Viele Personen, viele Namen, zu viele Geheimnisse – wie Thorkild steht der Leser vor einem Scherbenhaufen von einem Rätsel, dessen Einzelteile einfach kein Bild ergeben wollen – wo zur Hölle ist der eigentliche Fall?

Ein Großteil des Romans – nicht nur zu Beginn, sondern fast 2/3 des Buches – ist stark Figurenabhängig und dadurch eindeutig kein Thriller, denn Story-technisch passiert rein gar nichts. Das stört den Lesefluss allerdings nicht im Geringsten. Im Gegenteil: Als Leser gerät man immer weiter in den Sog der Figuren, in den Sog Thorkilds. Wo dem Roman der Fall fehlt, macht der Autor dies durch einen vielschichtigen, interessanten Protagonisten wett, der durch seine Tablettenabhängigkeit, Todessehnsucht und verdrehte Liebe zu Frei, durch seine zynische, schroffe und ungeschönte Art nicht nur ein Paradebeispiel eines hard-boiled Detective darstellt, sondern für den Leser zu dem eigentlich Rätsel wird. Dabei fügen sich Figuren, Fall und Setting perfekt ineinander und schaffen eine raue, abweisende Atmosphäre, die ohne große Schwierigkeiten an einen norwegischen Februar erinnert. Und schließlich ergibt sich sogar doch noch ein Fall, der es nicht nur vermag, Thorkilds Lebensgeister zu wecken, sondern auch den Leser in die Irre zu führen.

Leider verliert der Autor am Ende das Genre gänzlich aus dem Blick – nicht dass es unverhofft kommt. Tatsächlich deuteten sich gewisse Unstimmigkeiten bereits früh an, über die man zuerst noch geflissentlich hinweggelesen hat, die schließlich aber so aufdringlich werden, dass dies nicht mehr gelingt. Schade! Am Ende wird der Thriller, der mehr ein Krimi ist, der sich stark von einer Liebesgeschichte(/-tragödie) leiten lässt, zu einem Horror-Mystery-Roman, der vor Klischees nur so strotzt. Da helfen auch die teilweise grausigen, teilweise ekligen detailversessenen Beschreibungen und der irgendwie unpassende Slapstick-Humor dann auch nicht mehr. Und nachdem der Roman so stark angefangen hat, ist dieser Fall umso tiefer.
Aber wie sagt man so schön: Aller Anfang ist schwer. Und ich sehe durchaus Hoffnung, für die Fortsetzung…

Kommentare

Brocéliande kommentierte am 27. August 2017 um 23:13

upps, *ganzneugierigreingeguckt* und jetzt nochmal überleg...

Danke jedenfalls für die interessante Rezi!