Rezension

Vertreibung und Neuanfang

Häuser aus Sand - Hala Alyan

Häuser aus Sand
von Hala Alyan

Bewertet mit 4 Sternen

„Das Leben hat sie mit sich gerissen wie eine kleine Muschel, die an Land geschwemmt wird, ist über sie hinweggespült …“

Eine Erkenntnis am Ende ihres Lebens, die sicher viele alte Leute nachvollziehen können  -   in diesem Roman ist es Alia, die darüber nachdenkt, welche Umstände ihr Leben gelenkt haben. Sie hat als Kind die Vertreibung ihrer Familie aus Jaffa und den Neubeginn der Eltern Salma und Hussam in Nablus (Westjordanland) erlebt, zieht mit ihrem Mann Atef drei Kinder groß und muss im Verlauf der Nahostkrisen und -kriege nach Amman (Jordanien) und Kuwait übersiedeln. Der Nahostkonflikt schwebt auch über den nachfolgenden Generationen der Familie wie eine dunkle Wolke und beeinflusst ihr Leben. Dabei können sich die Yacoubs als wohlhabende Leute immerhin einen gehobenen Lebensstil leisten  -  im Gegensatz zu den meisten anderen Flüchtlingen, die (teilweise noch heute) in ärmlichen Lagern ihr Dasein fristen müssen.

Hala Alyan erzählt lebendig und eindrucksvoll vom Schicksal mehrerer Generationen. In jedem Kapitel wechselt sie die Sichtweise und lässt ein anderes Familienmitglied zu Wort kommen, wobei es ihr gelingt, sich glaubhaft in die unterschiedlichen Charaktere einzufühlen. Anschaulich schildert sie die Lebensumstände und auftretenden Probleme. Allerdings ist es für einen Leser, der mit dem Nahostkonflikt und seinen Ursachen nicht näher vertraut ist, etwas schwierig, diese nachzuvollziehen. Vertreibung, Flucht, Verlust der Heimat und all der Dinge, auf die man vertrauen kann, Neuanfang  -  was bedeutet das für die Betroffenen? Wie stark sind die Nachkommen noch mit diesen Problemen belastet? Das sind Themen, die natürlich nicht nur für Palästinenser gelten, sondern in vielen anderen Kulturen ebenso aktuell sind. „Häuser aus Sand“ bieten weder Schutz noch Zukunft; doch ein Neustart ist immer möglich, wie Hala Alyan in ihrer Familienchronik zeigt.