Rezension

Very british, very good!

Ein untadeliger Mann
von Jane Gardam

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt / Klappentext:

Alles an Edward Feathers ist ohne Fehl und Tadel - seine Garderobe, seine Manieren und sein Ruf als Anwalt mit glänzender Karriere in Hongkong. Nun ist er alt und muss mit dem Tod seiner Frau Betty zurechtkommen, so wie er immer mit allem zurechtgekommen ist. Seine perfekte Haltung täuscht alle und manchmal sogar ihn selbst. Doch mit Bettys Tod bricht etwas in ihm auf, und behutsam beginnt Feathers, vergangene Ereignisse ans Licht zu holen. An einem kalten englischen Wintermorgen setzt er sich ans Steuer seines Wagens und fährt los, das eigene Leben zu erkunden. Mit Jane Gardams meisterhaftem Roman über ein Leben im British Empire ist eine große Autorin zu entdecken.

Meine Meinung:

Filth, ein älterer Herr, very british, schaut auf sein Leben zurück, nachdem seine Frau Betty verstorben ist. Als Kind war er einer der Raj-Waisen, die zu Zeiten des British Empire in Asien geboren wurden, dann zur Schule und zum Studium nach England geschickt wurden. In Rückblicken erfahren wir, was ihm in der Kindheit alles zugestoßen ist, warum er lange Zeit stotterte und wie er schließlich zum Anwalt und Richter in Hongkong wurde.

Es begegnen uns in diesem Buch einige seltsame, außergwöhnliche Charaktere, was zu vielen eigenartigen Dialogen führt. Manchmal wußte ich nicht so richtig, was ich davon halten soll. Aber schließlich, zum Ende hin, wird einiges klar, warum diese Menschen so geworden sind, wie sie sind.

Lange gibt es nur Andeutungen: wie treu war ihm seine verstorbene Frau Betty wirklich? Was ist damals in der Pflegefamilie passiert, in der Filth einige Jahre gelebt hat? Die Rückblicke führen in verschiedene Zeiten seines Lebens, meistens nicht chronologisch, sondern eher abhänging von den Personen oder Ereignissen, über die Filth gerade nachdenkt. Und so führen dann nach und nach diese Puzzleteilchen zu einem großen Ganzen.

Der Schreibstil der Autorin ist recht anspruchsvoll, aber angenehm zu lesen. Sie schafft es durch die Art der Andeutungen, in denen man häppchenweise mehr erfährt, eine gewisse Spannung zu erzeugen und es gibt auch manchmal was zu Schmunzeln. Der Protagonist des Buches ist ein einsamer, recht kühler alter Herr, für den man einerseits beim Lesen Mitgefühl hat, aber dennoch blieb er für mich stets etwas distanziert. "Very british" eben...!

Besonders interessant fand ich an dem Buch das Themea der Raj-Waisen, was mir bisher gar nicht bekannt war. Wieder was dazu gelernt!

Wie ich nun hörte, soll dieses Buch wohl der Auftakt einer Trilogie sein und als nächstes soll im Mai 2016 der Band "Eine untreue Frau" erscheinen, wo wohl die Geschichte von Filth' Ehefrau Betty erzählt wird! Das gefällt mir jetzt richtig gut und "versöhnt" mich damit, dass gerade bezüglich Betty doch einiges in diesem ersten Teil nur angedeutet bleibt. Das werde ich dann sicherlich auch lesen.

 

Kommentare

katzenminze kommentierte am 11. März 2016 um 21:59

Ah, diese Info ist wirklich hilfreich! Von Betty und eigentlich auch von der Beziehung der beiden hat man tatsächlich wenig erfahren. Ich hab' mal Google gefragt: Das Buch kommt noch diesen Monat raus und heißt tatsächlich "Eine treue Frau". ;)
Klingt nach dem nächsten Wanderbuch. <3