Rezension

Viel Drama, wenig Inhalt

Als das Meer uns gehörte - Barbara J. Zitwer

Als das Meer uns gehörte
von Barbara J. Zitwer

Bewertet mit 1.5 Sternen

Tess und ihr Sohn Robbie versuchen nach dem Tod des Vaters neu anzufangen - weit weg vom Trubel der Großstadt, in einem kleinen Ort an der Küste. Die Sache gestaltet sich allerdings als schwieriger als gedacht - Robbie gibt seiner Mutter die Schuld am Tod des Vaters und fühlt sich in seiner neuen Heimat nicht wohl. Erst die Faszination für einen Wal reißt den tauben Jungen ein wenig aus seinem Kummer..

Ich hab mich schon am Anfang nicht ganz leicht getan mit dem Buch - mir kam der Tod des Ehemanns zu schnell und zu abrupt. Und ganz ehrlich, die Geschichte um seine Untreue (nein, das ist kein Spoiler. Erstens erfährt man's direkt nach den ersten paar Seiten und zweitens ist es für jeden aufmerksamen Leser schon in der ALLERERSTEN Szene so verdammt offensichtlich, dass es weh tut) hätte ich nach seinem Tod auch nicht gebraucht. Noch ein bisschen mehr Drama, nachdem das ganze Leben grade in Scherben bricht? Lassen wir den Mann doch vorher nochmal eben fremdgehen, alle Klischees erfüllt. 
Aber zumindest war ich zu Beginn noch begeistert davon, wie authentisch Robbies Gefühle dargestellt wurden. Von der Trauer über Wut über Verzweiflung über das geradezu krampfhafte suchen eines Schuldigen - all das war stimmig, für den Leser nachvollziehbar und wunderbar authentisch. 

Scheinbar kann sich die Autorin aber besser in Kinder reinversetzen als in Erwachsene - denn die waren fast durch die Bank eine völlig charakterliche Katastrophe. Es ist fast schon faszinierend, wenn man als Leser beobachtet dass der traumatisierte Junge (der zwar verdammt anstrengend ist, aber man verzeiht's ihm weil jung und traurig) immer noch erwachsener ist als die eigene Frau Mama. Die kann nämlich so gar nicht nachvollziehen, warum ihr Sohn so sauer auf sie ist und schiebt sich von Anfang an ganz geschickt in die Opferrolle. Während sie es also nicht mal für nötig erachtet dem kleinen in Ruhe zu erklären, dass sie erstmal fernab von seinem Umfeld leben werden - eigentlich war nur ein Urlaub abgesprochen, erfahren hat der kleine Kerl das indem sie mit ihm Schulsachen für die neue Schule kaufen wollte, verneigen wir uns vor diesem Feingefühlt - jammert sie an allen sich bietenden (und sich auch nicht bietenden) Gelegenheiten darüber, wie unfair es doch ist, dass ihr Sohn sich so von ihr abwendet. Vielleicht sollte ihr mal jemand die Supernanny und einen Packen Erziehungsratgeber schicken? 

Richtig schlimm wurde es dann aber am Ende - ich weiß nicht was die Autorin da geritten hat, Schlafmangel, die näher rückende Deadline, weiß der Teufel, aber es hat der Sache nicht gut getan. Jeglicher Realismus geht mit einem WUMM komplett flöten und alles wird nur noch absurd. Ein Wal der das Boot mehrmals mit Absicht rammt ist da noch das glaubhafteste. Dazu wäre noch anzumerken, dass Wale das tendenziell eher nicht tun. Garnicht.

Am Anfang war das Buch keine Erleuchtung, kein Highlight, aber angenehm zu lesen. Zum Ende hin wurde es fast eine Satire für sich selbst und war eigentlich nicht mehr wirklich ernst zu nehmen. Mittelmäßig angefangen, stark nachgelassen.