Rezension

Viel Gefühl - sehr intensiv!

Gefährliche Geliebte - Haruki Murakami

Gefährliche Geliebte
von Haruki Murakami

Bewertet mit 4 Sternen

"Ich bin am vierten Januar 1951 geboren, in der ersten Woche des ersten Monats des ersten Jahres der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Eine denkwürdige Konstellation, nehme ich an, und darum gaben meine Eltern mir den Namen Hajime - japanisch für >>Beginn<<."

Mit diesen Worten beginnt Haruki Murakami seinen Roman, der von einem jungen Mann erzählt - Hajime. Als Einzelkind aufgewachsen war er in seinem Heimatort immer ein "Sonderling". Dann lernte er Shimamoto kennen, auch Einzelkind, mit einem steifen Bein - ebenfalls ein "Sonderling". Diese beiden waren lange Zeit unzertrennlich, bis Shimamoto mit den Eltern umziehen musste, als die Kinder 12 Jahre alt waren. Ihre Wege kreuzten sich nicht mehr und so führte jeder sein Leben allein fort. Wir erfahren in diesem Roman umrißhaft, wie das Leben von Hajime seit der Trennung verlief. Aus ihm wird ein sehr egoistischer junger Mann, der andere Frauen durchaus verletzt. Später dann lernt er seine Frau kennen und gründet eine Familie mit zwei Mädchen. Er liebt seine Familie sehr und hat zudem einen Job, der ihm Spaß macht.

Soweit so gut - wäre da nicht der immer wiederkehrende Gedanke an Shimamoto, die Erinnerungen an die wunderbare, gemeinsame Kindheit an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Und wie es der Zufall will, begegnen sie sich wieder nach 25 Jahren. Das ist der Anfang vom Ende. Hajime verfällt fortan in eine immer tiefere Depression- hin und hergerissen zwischen seiner geliebten Familie und der extrem bezaubernden Shimamoto, der er verfallen ist. Shimamoto kommt jedoch ungeheuer geheimnisvoll daher, gibt wenig von sich preis, läßt Hajime "zappeln", erwidert aber seine Gefühle durchaus. Hajime würde alles für sie aufgeben...

Für mich ist dieser Roman der erste von Haruki Murakami und ich kann durchaus nachvollziehen, warum er weltweit so beliebt ist. Seine Schreibweise ist wirklich schön. Eigentlich sehr schlicht, aber immer wieder streut er wunderbare Metaphern ein oder auch philosophische Gedanken. Es liest sich wunderbar. Genau mein Ding. Was eine Handlung betrifft, so tritt er hier allerdings ein wenig auf der Stelle. Ab dem Wiedersehen mit Shimamoto passiert nicht mehr viel. Außer, dass sie sich unregelmäßig sehen und reden. Stattdessen beginnt der Roman eine einzige melancholische Depression zu werden ;). Hajime verliert sich so stark in ihr, dass er kaum noch fähig ist, sein "normales" Leben weiterzuleben. Seine Gefühlswelt wird eindrucksvoll beschrieben, die Beziehung zu seiner Frau steht auf der Probe - Murakami versteht es, diese Gefühlszustände von Hajime und seiner Frau unglaublich eindringlich und glaubhaft dem Leser nahe zu bringen. Diese Intensität allerdings hat mich persönlich teilweise sehr angestrengt. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht für jeden Leser geeignet ist.

Am Ende des Romanes ist vieles offen. Murakami läßt hier Raum für jeden einzelnen Leser - für weiterführende Gedanken und Interpretationen. An dieser Stelle soll erwähnt sein, dass seit letztem Jahr eine Neuübersetzung dieses Romanes von Ursula Gräfe auf dem Markt ist. Es ist eine Übersetzung direkt aus dem Japanischen ins Deutsche mit dem (originalgetreuen) Titel: "Südlich der Grenze, westlich der Sonne". Es soll ein ganz "neuer" Roman entstanden sein. Also eine spannende Angelegenheit, wenn man die Übersetzungen nun vergleichen will.

Fazit: Mein erster Murakami war ein guter "Griff". Sehr intensiv und schnörkellos beschreibt der Autor, wie Menschen sich in sich selbst und die Vergangenheit verlieren können, ohne jedoch am Ende eine "Lösung" zu offenbaren. Ein extrem gefühlsbetonter Roman mit einigen erotischen Momenten, der sehr eindrucksvoll ist, aber auch aufgrund der Intensität etwas anstrengen kann. Wer sich darauf einlassen will, dem ist "Gefährliche Geliebte" sehr zu empfehlen!

Kommentare

Catherine Buchling kommentierte am 04. April 2014 um 12:04

Ich liebe Haruki Murakamis Bücher einfach! Gefährliche Geliebte war das erste Buch, das ich von ihm gelesen habe, und darauf folgten noch viele weitere!

Naibenak kommentierte am 04. April 2014 um 12:11

Hey... für mich war es auch das erste ;) Und ich werde definitiv noch mehr von ihm lesen. Mr. Aufziehvogel subbt momentan bei mir ;)

Catherine Buchling kommentierte am 04. April 2014 um 13:52

Mr. Aufziehvogel fand ich teilweise ein bisschen zäh. Aber ich les grad 1Q84. Das ist wirklich toll!! Kann ich dir sehr empfehlen. Man darf sich nur nicht von den vielen Seiten abschrecken lassen ;)

Britta Röder kommentierte am 05. April 2014 um 19:44

Ich finde es klasse, wie geschickt er das Alltägliche immer wieder unterwandert und dadurch eine neue Perspektive inszeniert.

wandagreen kommentierte am 14. März 2019 um 23:45

Hm, völlig anders empfunden als Ems. Ich bin mal gespannt, wir mir die Bücher dieses Herrn gefallen.

Naibenak kommentierte am 15. März 2019 um 09:56

HA, ja Ems mag das Buch nicht - habe eben mal die Rezi gelesen. Aber ich sehe, dass wohl in erster Linie der Charakter als solches nicht gefällt. Nun, sowas kommt vor :D Und mit so unendlich viel Melancholie kann halt auch nicht jeder ;) Sprachlich hat er es aber drauf! Murakami hat ja ne ganze Palette zu bieten, da gibt es bestimmt etwas passendes, womit du anfangen könntest. Viele spannende Lesemomente auf jeden Fall!