Rezension

Viel Lebensweisheit, ein toller Schreibstil und ein interessanter Hauptcharakter

Das Leben ist ein merkwürdiger Ort - Lori Ostlund

Das Leben ist ein merkwürdiger Ort
von Lori Ostlund

Aarons Lebens ist seltsam. Oder kommt es einem nur so vor, weil in den meisten Büchern nicht so schonungslos ehrlich übers Leben berichtet wird?

Lori Ostlund bringt das Wesen des Menschen gekonnt zur Geltung. Selten geht es nur um Aaron und seine Probleme. Viel mehr kann dieses Werk als eine Ansammlung von unglaublich interessanten und vielschichtigen Charakteren angesehen werden, deren Porträts (nicht immer ganz) nahtlos in die Handlung eingeflochten sind. Auf seinem Weg in Richtung Neuanfang, lernt die Hauptperson viele Menschen kennen oder neu kennen. Zufällige Begegnungen werden zu etwas viel aufregenderem, lose Bekanntschaften werden zu Freundschaften.  

Was mich aber am meisten begeistern konnte, war die Tatsache, dass die Autorin Aarons Leben in San Franzisco von A bis Z schildert, obwohl es recht unaufregend ist. Er geht zur Schule, unterrichtet dort, geht nach Hause oder in ein Café. Er hört den Nachbarn beim Streiten zu, starrt an die Decke, überlegt oder macht einfach gar nichts. Das hört sich langweilig an, nicht nur für den Hauptcharakter, sondern auch für den Leser. Seltsamerweise ist es aber nicht so. Immer wieder werden Erinnerungen in die eigentliche Handlung eingebettet, das heißt über mehrere Seiten werden Ereignisse aus Aarons Kindheit (die einen großen Teil einnimmt), aus der Zeit, in dem er mit seiner Mutter in einem Café arbeitet oder aus der Lebensphase mit Walter geschildert. Diese Vergangenheitsepisoden sind nicht immer nahtlos in die Gegenwart eingefädelt. Die Geschichte an sich streckt sich hin und wieder. Als Leser wird man das Gefühl nicht los, gleich mehrere Bücher parallel zu lesen.

Zugegeben, ungefähr auf der Hälfte des Buchs, musste ich es einfach mal auf Seite legen. Ich brauchte mehr Aktion, mehr Handlung, mehr Aufregung. Also nahm ich einen Krimi zur Hand und legte „Das Leben ist ein merkwürdiger Ort“ erst mal zur Seite.

Später kam ich auf die Geschichte zurück und mir gefiel es auf Anhieb wieder in Aarons Leben einzutauchen. Man muss sich auf die Art und Weise der Autorin einlassen. Ihr Schreibstil ist unglaublich weise, flüssig zu lesen.  Sie gibt dem Leser anregende  Gedanken mit auf den Weg. Man fängt an dies oder jenes mit anderen Augen zu betrachten, was für einen Autor sicherlich eines der besten Komplimente überhaupt ist. 

Fazit: Ein leiser Roman mit ganz viel Lebensweisheit, Menschenverständnis und einer melancholischen Stimmung. Wer mal etwas anderes lesen möchte, sollte es unbedingt mit diesem Buch versuchen!