Rezension

Viel Nordseefeeling und ein Hauch von Legende

Leute von früher -

Leute von früher
von Kristin Höller

Bewertet mit 5 Sternen

Düster wie die aufgewühlte See

Inhalt

Langzeitstudentin Marlene hat nach fast neun Jahren endlich ihr Studium hinter sich und es zieht sie zum Arbeiten von Hamburg auf die Insel Strand im nordfriesischen Wattenmeer. Sie tritt einen Job als Verkäuferin in einem Erlebnisdorf an, in dem die Zeit stehen geblieben zu sein scheint – alles wird so gemacht wie 1900. Verantwortlich für die Inszenierung ist eine ganze Horde von Saisonkräften, die in einfachen Baracken hausen, auch in der Freizeit stets die „Kostümgrenze“ im Kopf. Marlene lernt Janne kennen, die auf der Insel aufgewachsen ist und fühlt sich sofort zu ihr hingezogen. Je näher sich die beiden Frauen kommen, desto öfter kommt es zu rätselhaften Zwischenfällen, die sich Marlene einfach nicht erklären kann.

Wie war’s?

Schon das Cover hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Die Farben und die Darstellung der tosenden, rauen See bilden der perfekten Bogen zum ersten Satz: „Es war ein Wetter ohne Jahreszeit: vierzehn Grad und ein schwerer Himmel.“ Jeder Nordseeliebhaber kennt so ein Wetter, man weiß manchmal nicht, ob es nun ein kühler Sommer, vielleicht doch noch Frühling oder schon wieder Herbst ist.

Kristin Höller gelingt es in diesem Roman, das Bild der schönen Scheinwelt im Erlebnisdorf für die Leserinnen und Leser sehr anschaulich lebendig werden zu lassen. (Es war, als beträte sie ein Gemälde). Auch diese Beschreibung der Vogelwarte in den Salzwiesen lässt mich vom nächsten Inselurlaub träumen. Diese ganz besondere Stimmung dort wird für mich perfekt transportiert.

Interessant sind auch der Spagat zwischen der heilen Welt, die für die Touristen inszeniert wird, und der Lebenswirklichkeit der Menschen, die dort leben und arbeiten. Auf engstem Raum, in einfachen Baracken, mit all ihrem „Gepäck“ und zwischenmenschlichen Problemen – und dem Inselkoller, den auch Marlene mal zu spüren bekommt.

Faszinierend fand ich den Teil der Geschichte, der von der versunkenen Stadt Rungholt handelt, die einer Legende zufolge in der Johannisnacht wieder auftaucht.

Die Charaktere im Buch sind für mich sehr stimmig dargestellt. Mit Marlene als Protagonistin wurde ich anfangs nicht richtig war, sie wirkte oft ein bisschen unterkühlt und unnahbar, schien vieles auch gar nicht begreifen zu wollen. Insgesamt passt sie aber perfekt im diese ruhige, unaufgeregt erzählte Geschichte.

Die letzten 50 Seiten habe ich mit angehaltenem Atem gelesen, ohne hier irgendwie spoilern zu wollen, das Finale kam für mich völlig unerwartet und war einfach nur wow!

Fazit

Für alle, die auf der Suche nach Lesestoff sind, mit dem sie sich gedanklich an die Nordsee träumen können, und die unaufgeregt erzählte Liebesgeschichten und einen Hauch von alter Legende mögen, eine unbedingte Leseempfehlung!