Rezension

Viel Potential aber leider zu oft nicht genutzt

Rotten Roads - Anke Kaminsky

Rotten Roads
von Anke Kaminsky

Bewertet mit 2.5 Sternen

Die Welt wie wir sie kennen liegt buchstäblich in Trümmern. Regelmäßige, schwere Erdbeben haben alles zerstört. Phönix Grove ist die einzige Stadt, die noch steht, oder besser, die wieder steht. Schwingungsfähige Materialien verhindern, dass die Stadt erneut zerstört wird und hohe Mauern beschützen ihre Bewohner, denn die privilegierten Einwohner haben viele Feinde.

Eryn lebt in Phönix Grove, doch nun ist ihr Vater in den Wäldern außerhalb verschwunden und sie will ihn um jeden Preis finden, also schleicht sie sich zusammen mit ihrem besten Freund hinaus und macht sich auf die Suche, nicht ahnend, dass sich ihre Sicht der Welt für immer verändern wird.

 

Mir gefiel der Anfang sehr gut. Die Idee mit der durch Erdbeben zerstörten Welt und nur eine Stadt existiert noch, weil sie sich angepasst hat. Die im Wald lauernden Feinde haben mich in Verbindung mit den Mauern der Stadt an den Hadrians Wall und die Römer bzw. Kelten erinnert. Dazu passt auch der Begriff der Heathens für die grausamen Feinde – Heiden, so wie auch die Kelten genannt wurden, da sie keine Christen waren. 

Die Handlung selbst wies für mich vor allem ganz am Anfang einige Ähnlichkeiten mit Rick Yanceys „Die fünfte Welle“ auf, nur, dass es hier nicht um Außerirdische geht und Eryn nicht ganz allein loszieht, wie Cassie, die Protagonistin in Yanceys Roman. Diese Ähnlichkeiten verlieren sich aber mit fortschreitender Handlung.

 

Ich fand Eryn zwar sympathisch, doch für 24 hätte ich sie niemals eingeschätzt. Ihr Verhalten passt für mich eher zu einer 16-jährigen. Die Idee allein mit ihrem besten Freund in den gefährlichen Wald zu gehen, in dem es immer wieder zu Todesfällen kommt, ist für mich zu leichtsinnig und extrem naiv. Ja, sie möchte ihren Vater finden, aber wenn sie tot ist, hat er auch nichts mehr davon. Eryn und Mack wirken auf mich wie typische (klischeehafte) Teenager. Sie verhalten sich meiner Meinung nach immer wieder irrational und manchmal sogar ziemlich dämlich. Ja, sie sind in Phönix Grove wahrscheinlich sehr behütet aufgewachsen, aber sie leben in einer postapokalyptischen Welt, daher hätte ich erwachsenere Charaktere erwartet. Stattdessen gehen sie auch mit den Waldbewohnern sehr naiv um und können es zum Beispiel gar nicht fassen, dass jemand sie bestiehlt und das Argument, dass sie das zum Überleben brauchen nicht zieht, da der Dieb das ebenfalls zum Überleben braucht und eben zuerst an sich denkt – wie die beiden ja auch. Auch reagiert Eryn oftmals schockiert und stereotyp mädchenhaft, indem sie ausrastet, als ihr jemand die Haare abschneidet – um sie zu retten wohlgemerkt. Wäre Eryn etwas weniger Teenie, sondern mehr 24-jährige junge Erwachsene gewesen, hätte ich mich besser mit ihr identifizieren können. So habe ich regelmäßig die Augen über sie verdreht und oft den Kopf geschüttelt.

 

Was mich direkt von Beginn an gestört hat, war die Tatsache, dass Eryn und ihr späterer Begleiter Isko immer wieder mal als „die Rothaarige“ und „der Braunhaarige“, manchmal auch „der Dunkelhaarige“ oder „Lockenkopf“ bezeichnet wurden. Mack war dafür dann der „Blonde“ Das ist mir bislang noch nie untergekommen und ich habe wirklich viele Bücher gelesen. Leider hat mich das immer wieder rausgeschmissen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Autorin so zu vermeiden versucht hat andauernd die beiden Namen zu wiederholen, was ja durchaus Sinn macht, aber die Alternative ist mir leider immer wieder negativ aufgefallen. 

Ebenso, wie die manchmal recht umständliche Satzstellung, wie zum Beispiel, „wenn Mack und ich zurück in die Stadt kehren“ (S. 39), statt „wenn Mack und ich in die Stadt zurückkehren“. 

 

Die Handlung an sich fand ich nicht schlecht, auch wenn sie mich nicht zu hundert Prozent gepackt hat. Für mich gab es zu viele Wiederholungen (Faustkämpfe, k.o. schlagen, wieder kämpfen, wieder k.o. schlagen).

Die Grundidee gefiel mir sehr gut mit der von Erdbeben zerstörten Welt, aber der Stil mit den Haarfarbennennungen, statt der Namen machte es mir leider nicht unbedingt leicht.

 

Ein paar Worte noch zur Buchgestaltung: Das Cover gefällt mir ganz gut, vor allem aber die Gestaltung des Buches an sich. Sowohl das Cover als auch der Buchrücken und die Rückseite sind nicht glatt, sondern auf eine Art bearbeitet, dass sie sich ganz seltsam „streichelig“ abfühlen – mir fällt leider kein passenderer Begriff ein. Die Schriftgröße und das Schriftbild als Ganzes gefallen mir auch sehr gut. Das Buch lässt sich dadurch gut lesen, wenn auch die Schriftart etwas ungewöhnlich ist, aber keinesfalls störend.

 

Fazit: Die Grundidee, die der Dystopie zu Grunde liegt, gefiel mir sehr gut. Die Idee zur Handlung an sich fand ich auch sehr interessant, aber leider waren mir Eryn und Mack zu Teenie, vor allem Eryn fand ich ziemlich überzogen. Sie soll 24 Jahre alt sein und benimmt sich bestenfalls wie 16. Zudem stellen sich die Charaktere oft etwas doof an, aber gut, es kann ja auch nicht jeder jede Falle durchschauen.

Was mich aber so richtig genervt hat, war, die Charaktere mit ihren Haarfarben zu betiteln. Das hat mich wirklich extrem gestört. Ich hätte nicht gedacht, dass mir das so quer geht aber leider hat mich das jedes Mal aus dem Fluss geworfen.

Wie gesagt, die Idee fand ich sehr gut, aber die gute Idee allein reicht für mich leider nicht. Ich kann dem Buch leider nur 2,5 Sterne geben.