Rezension

Viel verschenktes Potential und ein viel zu flacher Spannungsbogen. Ich setze mehr Hoffnung in Band 2!

Der Orden des geheimen Baumes - Die Magierin - Samantha Shannon

Der Orden des geheimen Baumes - Die Magierin
von Samantha Shannon

Bewertet mit 2 Sternen

Im Königreich Inys warten alle gespannt auf die Nachkommenschaft der Königin Sabran, denn nur ihre Blutlinie kann laut dem Glauben der Tugenden der Ritterschaft die Drachen davon abhalten, zu erwachen und zurückzukehren. Doch sie schwebt in Gefahr, denn viele wollen die Geburt einer Thronfolgerin verhindern. 
Unerkannt dient an ihrer Seite Ead, nach außen hin eine Kammerzofe, in Wahrheit jedoch eine Magierin des Ordens des geheimen Baumes, die alles in ihrer Kraft stehende tut, um Königin Sabran zu beschützen. 
Während im Westen die Drachen gefürchtet werden, so werden sie im Osten verehrt und Tané versucht im Land Seiiki mit allen Mitteln ihren Traum zu verfolgen: Eine Drachenreiterin werden. 
Doch eine Bedrohung regt sich, die das Schicksal aller besiegeln könnte. 

Puh, auf dieses Buch hatte ich mich so unheimlich gefreut, seit es in der Goodreads Choice Awards vorgestellt wurde. Vielleicht war ich viel zu erwartungsvoll und gehyped, aber das Buch konnte meinen Ansprüchen definitiv nicht gerecht werden. 

Die Autorin kannte ich schon durch ihre „The Bone Season“-Reihe, die mir an sich wirklich gut gefallen hat. In Verbindung mit dem Klappentext von diesem Buch und meiner Vorgeschichte mit der Autorin erwartete ich eine Geschichte, die von der Norm abweicht, mich begeistern kann und im Fantasy Genre neue Wege geht. Oder zumindest im High Fantasy Feld endlich eine neue starke, weibliche Stimme sein. 

Und das Buch war nicht schlecht, überhaupt nicht. Der Plot hat mir gut gefallen, die Idee der Autorin ist toll. 
Aber bis die Handlung mich wirklich fesseln konnte und an Fahrt aufnahm, waren zwei Drittel des Buches schon gelesen. Ich habe mich wirklich festbeißen müssen, um die ersten 300-400 Seiten zu lesen und das Buch nicht immer wieder nach 10 gelesenen Seiten zur Seite zu legen. Waren diese erst einmal überstanden, konnte ich das Buch plötzlich nicht mehr aus der Hand legen. Aber bei gerade einmal 550 groß bedruckten Seiten sind diese vorangegangenen hunderte von Seiten einfach zu viel an belanglosem Geplänkel und Dialogen gewesen. 
Der Spannungsbogen war kein Bogen, sondern eine gerade Linie, die plötzlich in die Höhe schoss und sozusagen auf dem höchsten Stand erst an Fahrt aufnahm. Graphisch gesehen wie ein halbierter Regenschirm. 
Schade, hier wurde mir viel zu viel Potential verschenkt, denn gerade die letzten hundert Seiten bewiesen, wie toll die Autorin eigentlich schreiben kann. 

Leider waren nicht nur der Spannungsaufbau und die Handlung an sich eher mittelprächtig, auch mit den Charakteren hatte ich meine Probleme. Nicht bezüglich des Charakteraufbaus, denn es gab viele wirklich spannende und facettenreiche Charaktere. Aber irgendwie flutschten mir die Charaktere zu sehr durch die Hände, sie gingen in belanglosen Dialogen und Erzählsträngen förmlich unter. 
Zusätzlich war es in der Bindung an die Charaktere nicht gerade förderlich, dass in einem Kapitel mehrere Charaktere aus unterschiedlichen Erzählperspektiven auftraten. Eine Einführung der Hauptcharaktere zu Beginn und eine zusätzliche Kennzeichnung vor den Kapiteln (nicht nur durch die Verwendung von Richtungsangaben wie Westen oder Osten) hätten mir sehr geholfen, mich besser in der Geschichte zurecht zu finden.
Nebencharakteren wurde dann noch ein viel zu großer Handlungsraum geboten, so dass die Charaktere mehr und mehr in einem Sumpf versanken. Super schade, da es mehrere Charaktere gab, die mich wirklich überraschen konnten. 
Auch die Hervorhebung von starken weiblichen Charakteren, die teilweise wirklich extrem gut ausgearbeitet waren, überzeugt mich eigentlich von der Kunstfertigkeit der Autorin. 

Die verschiedenen Handlungsorte sind einfach toll beschrieben worden und sehr detailreich ausgeschmückt gewesen, so dass ich mir diese fast bildlich vorstellen konnte. Die Wechselhaftigkeit und Vielfalt der geschaffenen Welt ist wirklich toll. Ich hoffe, in folgenden Bänden noch tiefer in diese Welt abtauchen zu können. 

Auch die unterschiedlichen Herrschaftsformen und vor allem die Religionen waren sehr gut in die Handlung eingeflochten und zeugen sehr von der Kreativität der Autorin. 

Nichtsdestotrotz werde ich nun gespannt auf den zweiten Band warten, der ja zum Glück auch schon bald erscheint. Denn das Ende hat mich super neugierig gemacht und an sich möchte ich die Geschichte einfach wirklich mögen. 
Ich setze viele Hoffnungen in diesen Band und wünsche mir, dass er mich deutlich besser überzeugen kann als dieser holprige Einstieg in die Welt.